Gedanken zur Zeit…Ein Blick weit zurück


Gedanken zur Zeit…Ein Blick weit zurück

Invokavit, Reminiscere Okuli Letare, Judika Palmarum

Oder: in rechter Ordnung lerne Jesu Passion.


Das waren sie, die Sonntage vor Ostern, die wir benennen mussten. Palmsonntag ist vorbei und bei einem Spaziergang kam mir alles so in den Sinn. Der Lehrstoff hat gesessen. Wie lange ist es her, dass ich konfirmiert wurde u. so viel lernen musste?

Luthers Erklärungen zum Katechismus, Lieder, Bibelverse, Psalmen. Alles wurde bei der Vorstellung der Konfirmanden auch abgeprüft damals.

Es war 1958, also vor 65 Jahren, als wir uns an einem regennassen kühlen Palmsonntag   versammelten im Gemeindehaus, letzte Benimminstruktionen bekamen Das alte Gemeindehaus existiert schon lange nicht mehr und heutige Kirchenbedienstete erinnern sich an das alte hässliche Gemäuer auch nicht mehr.

Wir haben ja inzwischen die goldene u. diamantene Konfirmation gefeiert, War das ein Wiedersehen, ein Wiedererkennen! Erinnerungen wurden im Gemeindehaus bei einem Kaffee ausgetauscht -wie oft hieß es: Weißt du noch?  Einige unserer Mitkonfirmanden kamen nicht, andere waren inzwischen verstorben.

Geführt von den Pastoren Mantz (Jungen) und Schreiber (Mädchen) gingen die Mädels und Jungen nacheinander in Zweierreihen in die Kirche. Neugierig wurden wir angesehen von der versammelten Gemeinde. Wir Konfirmanden mussten vorne sitzen. Damals war es noch üblich, nach dem Gottesdienst das Abendmahl zu bekommen. Das bedeutete nicht vorher frühstücken! (Zumindest bei uns war es so!)  So Manchem knurrte vernehmlich der Magen und es kam vor, dass gerade Mädchen schon mal kreislaufmäßig dicke Probleme bekamen. (War es nur bei mir so streng? von den Anderen habe ich gehört, dass sie fast alle gefrühstückt hatten)

Während viele Mädchen dunkelblaue Konfirmationskleider mit weißen Kragen oder Applikationen anhatten gelegentlich auch geschmückt mit kleinen Schmuckstücken) bestand meine Mutter auf einem ganz schwarzen Kleid ohne jedes Weiß und nur mit schwarzen Samtapplikationen verziert. Nach heftigen Kämpfen konnte ich ihr abringen, dass die ersten Perlonstrümpfe nicht auch noch schwarz wie die Schuhe waren, sondern nur schwarze Hacke, schwarze Naht hatten.

Unser Festzug sah fast einem Trauerzug ähnlicher als einem Konfirmandenzug.
Die Jungen trugen durchweg dunkelblaue oder schwarze Anzüge und Schuhe, aber weiße Hemden und erstmals Schlipse oder Fliegen. Aber einfarbig und keine bunten.

Fast alle hatten von ihren Eltern Gesangbücher geschenkt bekommen mit Goldschnitt und Namen verziert.Nach dem Gottesdienst gingen wir heim, frühstückten , aber dann ging es ab zum Fotografen.Oma blieb daheim und kochte ein Festessen -Rouladen, Rotkohl und Klöße.Das hatte ich mir so gewünscht. 

Zum Nachmittagskaffee hatte Mutter Kuchen gebacken und es kamen Verwandte und Bekannte zum Gratulieren. War das ein Geschnabbel und das Neueste wurde ordentlich in epischer Breite erzählt, wer mit wem und wer ein Kind bekommen hat und wer mit wem Krach hatte u. wer gestorben war. Als Konfirmandin war ich abgehängt. Ich bin dem entflohen zu einem kranken Nachbarskind und habe diesem Geschichten vorgelesen. Die größte Schnabbeltante konnte sich gar nicht wieder trennen und blieb noch bis zum Abendessen. Die Geschenke damals waren viele Hortensienblumentöpfe (Was soll ein 14-jähriges Mädel wohl mit 6 Hortensientöpfen?) es gab gehäkelte Taschentücher, Christliche kleine Büchlein und Schriften und, ja eine Geldbörse mit 5 Mark darin. schnell verschwand die in Mutters Verwahrung. Andere katholische Großtanten konnten es nicht lassen, mir ein silbernes Kreuzchen zu schenken. Auch das verschwand schnell auf selten Wiedersehen in Mutters Verwahrung. ebenso ein regenbogenfarbenes Halstuch. Ich fand es toll und wollte es gern tragen. Nix da-alles unter Verschluss.

Irgendwann habe ich alles wohl mal zu packen bekommen, mich damit geschmückt und dann kam das, was meine Mutter befürchtet hat und mir immer und noch lange vorgeworfen hat -ich habe es verloren. Noch heute weiß ich nicht, wie und wo es möglich war. Ich habe es immer bezweifelt, dass es verloren war. und lange vermutet, dass Mutter es auch in Verwahrung genommen hatte, aber auch später fand ich es nicht wieder. Als meine Mutter starb, musste ich mit meinem Mann die Wohnung auflösen.


Dabei kam so unendlich viel zutage, u. a.  das Kleid, welches ich zur Vorstellung der Konfirmanden trug und dann nur noch mal zum Kirchgang, dann war es weg.
Und mein schwarzes Konfirmationskleid, was ich nie mehr wieder trug . Genau so kam zum Vorschein ein luftiges Sommerkleid, was ich mal irgendwann ausgemustert hatte und das Kostüm, welches ich bei meiner Hochzeit trug. (Ich hatte es in einem Sack zur Altkleider- Abgabe bereitgestellt und dachte dann, der Sack wäre von meinem Mann weggebracht worden.

Meine Mutter hatte die Neigung- alles zu verwahren, Erinnerungen, Schätze horten, nicht gebrauchen, Alles vor den Kindern verschließen. Nein, das Halstuch, die Geldbörse und das Silberkreuz von meiner Konfirmation kamen nicht wieder zum Vorschein, so sehr ich suchte. Ich muss es wohl doch verloren haben. Nur wo und wann?????


© Karin Oehl


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