Der unsichtbare Koffer von Angela Redeker

Der unsichtbare Koffer
 

Es schien Annika, als ob die Sonne genau in dem Moment, als sie ans Fenster trat, die Wolken beiseite schob, und ihr Licht, wie einen Eimer voller Spielzeug, in das leere Wohnzimmer goss.
Golden floss der Sonnenschein durch ungeputzte Scheiben über einst weiß lackierte Fensterbänke, tropfte auf den alten Holzfußboden und verbreitetet sich wie ein unachtsam ausgekipptes Glas Wein, berührte zart, als wolle er ein Kind aus dem Schlaf wecken, die Zimmerwände, die noch Zeugnis vergangener Tage ablegten, jedes Bild, das hier einst hing, nun ein Geheimnis blieb.
Annika atmete tief durch, schloss für eine kurze Weile die Augen. Da war er wieder, jener Moment, der sich so schmerzvoll in ihr Herz gebrannt hatte. Oliver, der Mann den sie liebte, dem sie vertrauten, von dem sie annahm, dass er das, was sie ihm gerade gesagt hatte, mit einem sicheren Lächeln, als Lüge entlarvte, doch er stand da, wie ein angeschlagener Boxer und schlug stumm die Lider nieder. Sie konnte, wollte es nicht glauben, aber sein Schweigen, sein durchs Augenschließen der Welt den Rücken kehren wollen, sprach Bände. Fast panikartig war sie aus der Wohnung geflohen, den einzigen Gedanken mitnehmend: Oliver, hatte eine Geliebte!
„Und, was sagen Sie, ist das nicht fantastisch?“


Die gespielte Begeisterung einer Frauenstimme holte sie zurück in dies leere Zimmer, ließ sie frösteln, instinktiv die Schultern hochziehend drehte sie sich zur Maklerin um.
„Ja, sie ist wunderschön und für monatlich 50,--€ weniger nehme ich sie sofort“, hörte sie sich sagen, sowie ihre innere Stimme: Annika, spinnst du?
Nun egal, gesagt war gesagt, entschlossen blickte sie die Frau an.
„OK, ich denke, dass ich da etwas machen kann, Moment.“, erklärte diese, griff zum Handy und verließ den Raum.
Nach kurzer Zeit kam sie zurück, streckte ihr die Hand entgegen.
„Na dann, herzlichen Glückwunsch, das geht in Ordnung, wenn wir heute noch den Vertrag fertig machen,  können Sie morgen einziehen. Es war das Wohnzimmer, das den Ausschlag gab, hab ich recht?“
Die junge Frau am Fenster schüttelte den Kopf, „Nein, die Küche.“
„Aha.“
Sie hörte die Verwunderung in der Stimme der Maklerin, sah ihren vergeblichen Versuch, die Kontrolle über die Gesichtsmuskeln zurück zu erlangen, die Augenbraue der Frau hob sich, als sei sie leicht pikiert darüber, dass ihre Vermutung sich nicht bestätigte, um so mehr freute  sich Annika nicht durchschaut worden zu sein.

Zwei Stunden später betrat sie mit einem unterschriebenen Mietvertrag und dem neuen Wohnungsschlüssel in der Handtasche, was ihr eigenartiger Weise ein wenig Sicherheit verlieh, einen Möbeldiscounter, denn sie brauchte ein Bett, ein Bett für sich allein. Der Gedanke wirkte kühl und abstoßend, wie alle Möbel die sie hier sah, jedes Bett schien die Lüge des Betruges in sich zu beherbergen, eingekuschelt und gemein, irgendwo zwischen den Ritzen wartete sie darauf ans Tageslicht zu kommen, Herzen und Träume zu zerstören.
Doch dann entdeckte sie es zufällig im Spiegelbild eines anderen Ausstellungsschlafzimmer. Ein Bett aus einem tränengrauen und dennoch verspieltem, ja beinah einem Märchen entsprungen wirkendem Gestell, mit einer großen einheitlichen Matratze, herrlich weißer unschuldiger Bettwäsche, die dazugehörigen Schränke boten durch ihre Milchglasscheiben keinen Platz für Lügen, ja hier könnten verletzte Seelen Ruhe finden. Es war ihr nicht bewusst, dass sie lächelte.
„Kann ich helfen?“
Annika sah sich um, vor ihr stand, allein durch seine Kleidung und dem dazugehörigen Namensschild unverwechselbar zu erkennen, ein Mitarbeiter des Möbelhauses.
„Ja, ich hätte gerne dies Schlafzimmer, steht das zum Abholen bereit?“
Der Mitarbeiter lächelte milde, als amüsiere er sich über ein zu begeistertes Kind, das in einem Wunderland stand und alles mitnehmen wollte.
„Ich schaue gleich mal nach, aber erst sollten wir doch mal die Maße vergleichen.“
Stellte er klar, während er einen Zollstock aus seiner Tasche zog, und diesen aufklappte, um das Bett abzumessen.
Warum tun sie dies, fragte sich Annika, die Maße stehen doch überall dran.
„Wie groß ist Ihr Schlafzimmer?“ , wollte er wissen.
„Keine Ahnung“, seufzte Annika, und versuchte sich den Raum in Erinnerung zu rufen, trat zwei Schritte zurück, kniff die Augen zusammen, als könne sie so die räumlichen Maße besser erfassen, dabei spürte sie die gering schätzenden Blicke des Verkäufers, die über sie glitten, wie ein abgenutzter Pinsel, fühlte beinah die Worte, welche er auf ihre Haut malte, als sei sie eine Leinwand. Nach einer stummen Weile wand sich der Mitarbeiter des Möbelhauses,  mit einer unüberhörbaren Spur von Ungeduld in seiner Stimme, erneut an sie.
„Sie müssen doch wissen, wie groß Ihr Schlafzimmer i...“
„Nein“, unterbrach sie ihn, „weiß ich nicht, und wissen Sie was, es ist mir auch egal, denn schließlich ist es ja meine Wohnung.“
Es war die Entschlossenheit, die in ihrer Stimme mitschwang, die den Herrn dazu bewegte nur stumm zu nicken, es ging ihn ja auch nichts an, er sollte verkaufen nicht gestalten, wenn diese Person sich hier ein Schlafzimmer aussuchen wollte, das nicht in ihre Räumlichkeiten passt, ihre Schuld.
Schuld, gab es für Annika hier nicht, sie wollte dieses Schlafzimmer, und wenn es nicht zu ihrer Wohnung passte, auch gut, sie hatte nur die eine. Im Übrigen hätte sie jede Wohnung, jedes winzige Loch, wie man umgangssprachlich so gerne sagt, genommen, nur um schnell aus Olivers Wohnung auszuziehen, obwohl er ihr, großzügigerweise das Angebot gemacht hatte, dort so lange zu wohnen, bis sie etwas „Passendes“, gefunden hätte.

Eine Woche war dies Gespräch nun her, das so gar kein Gespräch war. Nachdem sie spät in der Nacht in die Wohnung zurück gekehrt war, mit all den Fragen, die in ihrer Brust klopften und auf Antwort hofften, war sie ihm entschlossen, mit den Worten, wir müssen reden, entgegen getreten, doch er hatte sie nur regungslos angesehen.
„Wozu?“
Vier Buchstaben, die ihr den Boden unter den Füßen nahmen, die in ihrem Kopf ein Karussell in Gang setzen, dass ihr schwindlig wurde, alles um sie herum verschwommen und konturlos  wirken ließ, sie ertrank in ihrem Leben, vor seinen Augen und er sah es einfach zu.
„Ich ziehe, erst einmal ins Hotel, du kannst so lange bleiben, bis du etwas Passendes gefunden hast, gib mir Bescheid.“
Mit diesen Worten stieß er sie von sich, als würde er lästigen Staub von einem Jackett bürsten, das er lange nicht mehr getragen hatte. Dann war er fort.

Und sie allein. Die ganze Nacht hatte sie, an die Wand angelehnt, auf dem Boden, im Flur verbracht, den Blick starr auf die Tür gerichtet, die Oliver so ganz ohne sich umzudrehen geschlossen hatte. Keine Tränen waren aus ihren Augen geflossen nur blankes Entsetzen, das sich durch ihren Körper fraß. Erst das vertraute Summen des Weckers löste sie aus ihrer Starre. Sie wand den Kopf in die Richtung , aus der das Geräusch kam, die Schlafzimmertür stand einen Spalt offen, zartes Tageslicht, in dem sich kleine Staubpartikel tummelten, fiel auf den Flur, staunend öffnete Annika den Mund. Während sie starb ging das Leben da draußen einfach weiter, ja es besaß sogar die Frechheit hier einzudringen, trotzig stand sie auf und knallte die Tür mit aller Kraft zu. Doch sie starb nicht, das Leben hielt einen Rettungsanker für sie bereit, Tommy, ihren Zwillingsbruder. Es war ein inniges Band, das zwischen den Beiden gewebt war, sie fühlten die Traurigkeit des Anderen noch ehe etwas gesagt wurde. Und so kam es, dass sie, nach einem mehr oder weniger gut über die Runden gebrachten Arbeitstag, in die offenen Arme Tommys sank, der sie von der Arbeitsstelle abholte.

Sie waren runter gefahren an den See, saßen in der Ecke ihres Lieblingscafes, ein kleines altes Gebäude, das es schon gab als sie noch Kinder waren. Annika und Tommy benannt nach den Darstellern aus Astrid Lindgrens Pippi Langstrumpf. Ihr Vater erzählte die Geschichte gern und
oft. Nachdem die werdenden Eltern den Schock überwunden hatten, dass sie Zwillinge bekamen, freuten sie sich über die Mädchen, die man ihnen angekündigt hatte, und entschlossen sich die Beiden Julia und Annika zu nennen. Doch während der Geburt, bei der der Vater selbstverständlich dabei war, entschlüpfte der Hebamme ein „Oh...“ nachdem das zweite Kind geboren war. Erschrocken und voller Angst starrte der Vater diese an, die dann nur lächelnd meinte :
„Hatten Sie schon Namen für die Beiden?“
„ Klar“, verkündeten sie stolz, „ Julia und Annika.“
„Nun, das sollten Sie sich noch mal überlegen.“
Mit diesen Worten und einem Siegerlächeln, als hätte sie das Kind selbst geboren, legte sie der Mutter den Sohn auf den Bauch.
„Tja ihr beiden Versteck- Spiel- Helden, da wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben, als euch auch nach solchen Berühmtheiten zu benennen“, flüsterte die junge Mama.
Oh Gott, lass mich stark sein für ein Nein, hüpfte das Stoßgebet noch im Herzen, des frischgebackenen Papas,  denn die einzigen Helden, die ihm eingefallen waren, von denen er wusste, dass seine Frau sie liebte, waren Romeo und Julia, und das wollte er seinem Sohn nicht antun, sodass er ganz begeistert nickte, als er die Namen hörte: Annika und Tommy. Obwohl Tommy nicht seine Wahl gewesen wäre, aber vielleicht konnte man daraus noch einen Tom machen.

„Du brauchst es nur zu sagen“, flüsterte Tommy in ihr Haar, nachdem sie stockend aber sehr ausführlich von den letzen Stunden erzählt hatte, „ich gehe hin und schüttle ihn kräftig durch.“ Annika lächelte, das was das Liebenswürdigste was Tommy sagen konnte, besonders wenn man seine körperliche Statur betrachtete, er war mit knapp 1,70m Größe  und 56 kg dem athletischen und durch trainierten Oliver doch deutlich unterlegen.
„Nein“, hauchte sie, „aber ich brauche eine Wohnung, vielleicht kennst du einen Makler oder so, oder jemand sucht einen Nachmieter.“
 Tommy nickte „Ich höre mich mal um, und ich weiß du möchtest Umzugskartons.“
 Sie grinste, er kannte ihr Herz, wusste wie sie tickte, das gibt es halt nur bei Zwillingsgeschwistern, doch das stimmte nicht. Tommy hatte das Kunststück fertig gebracht eine Frau zu finden, die sich ebenso wie er in Menschen hineinfühlen konnte.

Annika erinnerte sich noch seht gut, an ihre Verlustängste, als Tommy zum ersten Mal von Heirat sprach. Er war damals gerade mal siebzehn Jahre alt, während die Schwester schon oft geflirtet und so manchen Traum begraben hatte, war er in Beziehungssachen doch sehr zurückhalten geblieben, bis Lisa, fünf Jahre älter als er,  in sein Leben trat. Ihr öffnete er sein Herz, wie das Tor einer riesengroßen Scheune zur Erntezeit. Annika hatte Angst; sich zu verlieben war ok, aber heiraten? Sie hatte diese grauenvolle Vorstellung einer sehr dominanten, die Persönlichkeit ihres Bruders erstickenden, und vor allen Dingen die Schwester aus seinem Leben verbannenden, Frau im Kopf. Aber Lisa war anders, sie war nicht nur klug und liebeswürdig, sie schaffte es Vertrauen zu erzeugen, zu sich selbst, zu dem anderen und zu der gemeinsamen Sache. Lisa und Tommy verschmolzen, nach vier Jahren Probezeit zu einem 100- prozentigem - Wir, das je zu fünfzig Prozent aus ICH und DU bestand.

Noch am selben Abend begann Annika mit ihrem Auszug. Es war ein merkwürdiges Gefühl so allein in die Wohnung zurück zu kehren, obwohl dies sicher schon hunderte Male so gewesen war. Kühle Stille empfing sie, die Ereignisse der vergangenen Tage hingen wie kalter Rauch im Raum. Annika fühlte sie sich wie ein hässlicher Pickel in einem schönen Gesicht und dagegen musste man etwas unternehmen. Sie betrat das Schlafzimmer, öffnete den Schrank und räumte ihre Sachen aus. Als sie die entstandene Lücke betrachtete, gab es ihr einen Stich ins Herz, sie sank aufs Bett und plötzlich malte die Erinnerung ihr ein Bild aus glücklicheren Tagen.
Es war ein sommerlicher Freitag Nachmittag gewesen, Annika saß vor dem geöffneten Kleiderschrank auf dem Bett und wusste nicht was sie anziehen sollte. Oliver und sie waren bei Leuten, die Annika nicht kannte, zu einer Grillparty eingeladen. Sie wollte dem Anlass entsprechend, aber auch schön und begehrenswert aussehen. Ein paar Mal war Oliver schon ins Schlafzimmer gekommen und hatte verstohlen auf die Uhr geblickt.
„Ich hab nichts zum Anziehen“, teilte sie ihm besorgt mit.
„Oh, das trifft sich gut“, erklärte er mit einer Stimme, die den Hauch von Ironie trug, „ich habe mir da letztes Jahr ein Hemd gekauft, dass nicht passt, das gebe ich dir gerne.“ Nahm eins seiner Hemden aus dem Schrank und warf es ihr über den Kopf. Noch ehe sie es fortziehen und sich beschweren konnte, war er bei ihr, hatte sie mit Schwung in den Arm genommen und sich mit ihr lachend auf die Matratze fallen lassen. Ganz sanft zog er das Hemd von ihrem Gesicht, küsste zärtlich ihre Augen und ihren Mund.
„Du bist wunderschön, egal was du trägst“, hauchte er und sein Atem legte sich wie Seide über ihre Seele. Annika lächelte.
„Besonders wenn du nur dies Lachen trägst .“, bekräftigte er noch mal und strahlte sie mit seinen grünen Augen, die meist die Wirkung unergründlichen Meerwassers auf sie hatten, an.

Unbewusste verstaute sie dies Bild, knisternd wie Pergamentpapier, dass man zwischen wertvolle Kleidung legt, damit sich keine Druckstellen bilden, unter zu ihren Sachen. Sie wusste noch, sie hatte sich für eine Kombination aus weißer Hose und einem blau-weiß gestreiftes Twinset entschieden, welche sie fortan nie wieder tragen würde.

Wenn du einen Pickel einfach nur ausdrückst hinterlässt er Spuren, wenn man Pech hat eine Narbe, doch wird es richtig gemacht, bleibt nichts zurück, so wollte sie gehen. Nichts sollte an sie erinnern, als wäre sie nie hier gewesen, hätte es sie nie gegeben. Sie öffnete die Fenster,  wischten den Schrank mit Essigzitronenwasser aus, das ihren Geruch neutralisierte, dann verteilte sie Olivers Kleidung locker und akkurat über die gesamte Schrankfläche. Ebenso verfuhr sie mit der Kommode, den Nachtschränken, räumte Bücher fort und kleine Wohnaccessoires, mit denen sie im Laufe der Zeit den Raum verschönert hatte.
Dann zog sie noch das Bettzeug ab, saugte die Matratze und den Bettkasten aus, kein Haar sollte hier liegen bleiben, bezog das Bett wieder mit Olivers Lieblingsbettwäsche, ihre, die sowieso sehr selten den Weg aus der Kommode ans Tageslicht gefunden hatte, da Oliver die Pastellfarben nicht mochte, lagen bereits im Karton, den sie mit zu Hilfenahme der Füße in den Flur schob, noch einmal sah sie sich um, nichts gehörte mehr ihr in diesem Raum, sie schloss die Tür und betrat ihn nie wieder.
Die letzten Nächte in dieser Wohnung verbrachte sie im Wohnzimmer auf einer Luftmatratze.

Heute war es nun soweit, der Umzug stand bevor. Lisa und Tommy waren in den Möbeldiscounter gefahren, um das Schlafzimmer abzuholen während Annika ihre restlichen Sachen, wie Bücher, CD´s ,Geschirr und Töpfe, ihre alte Kaffeemaschine, die leicht verstaubt auf dem Küchenschrank stand, sowie die Badutensilien einpackte. Von den Möbeln gehörte ihr nichts, sie war damals in die komplett eingerichtete Wohnung Olivers gezogen, lediglich die Möbel im Computerbereich, den PC selbst und das Zubehör hatte sie mitgebracht. Diesen würde Tommy nachher abbauen und in der neuen Wohnung wieder aufbauen, da sie technisch nicht begabt war und fürchtete etwas falsch anzuschließen.

Annika stand im Bad, sie hatten den Spiegelschrank geöffnet und sämtliche Pflegeprodukte, die sie benutze hatte, Make-up-Zubehör u.s.w. ausgeräumt und in Kartons verstaut. Mit Entkalker behandelte sie die Oberfläche der Ablage, um den kleinen Kalkring, den ihr Zahnputzbecher hinterlassen hatte, da sie es nie für nötig hielt den Becher nach Benutzen trocken zu wischen, zu entfernen. Sie war hier genauso gründlich wie im Schlafzimmer, nichts sollte je auf ihre ehemalige Anwesenheit hinweisen, nicht einmal ein im Papierkorb zufällig zwischen Korb und Ummantelung gerutschter Plastikstreifen einer Tamponhülle, alles was nur einen Hauch von Annika trug, wurde entfernt. Sie hörte wie ein Schlüssel im Schloss gedreht wurde. Für eine kurzen Moment schlug ihr Herz schneller. Was, wenn dies Oliver war?
Doch die Stimme ihres Bruders flatterte fröhlich wie ein Drachenband im Frühjahrswind durch den Flur.
„Ich bin da, wo steckst du?“
„Im Bad“, rief sie noch als er schon die Tür öffnete.
„Was machst du da?“, fragte Tommy erstaunt. Nie im Leben wäre er auf die Idee gekommen, zu putzen, wenn er unter solchen Umständen ausgezogen wäre.
„Denkst du etwa, ich hinterlasse Spuren?“
Oh ja, und Lücken, wie eine wild gewordene Horde Hippies tanzten die Worte auf seiner Zunge, doch der glanzlose Ausdruck ihrer Augen verhinderte, dass sie seinen Mund verließen.
Stattdessen sagte er, „Lisa ist schon drüben in deiner neuen Wohnung, denn wir haben eine Überraschung für dich.“
„Ich hoffe es ist keine Party“, meinte sie mit einem leicht mahnenden Ton in der Stimme.
„Nein, Lisa sieht es genau wie du“, erklärte er grinsend, obwohl er immer noch ein wenig traurig war, dass es ihm nicht gelungen war, sie zu einer Party zu überreden, er fand es wäre besser, wenn sie die ersten Stunden der ersten Nacht in ihrem neuen Zuhause nicht allein verbringen würde, doch die Frauen sahen es anders.
Als er zwei Stunden später den letzen Karton, sowie sämtliche Mülltüten nach unten geschleppt hatte und wartend an der Tür verkündetet: „Wie sind fertig“ ging Annika ein letztes Mal durch die Wohnung.
Mit jedem Blick, den sie durch die Räume schweifen ließ, packte sie ein Stück Zeit ein, Zeit die sie geprägt hatte, ob bewusst oder unbewusst, Zeit, die vorbei war und doch an ihr hing, sodass, als sie in den Flur trat, ein voll gepackte unsichtbarer Koffer neben ihr stand.
Sie lächelte unsicher, doch dann blitzte es kurz in ihren Augen, als wäre ihr etwas eingefallen. Sie kramte in ihrer Handtasche, beförderte einen Abholschein der Reinigung für Olivers grünes Jackett ans Tageslicht, und löste mit einem melancholischem Blick den Schlüssel von ihrem Bund.
„Erstaunlich, wie wenig von einem bleibt“, ganz leise verließen die Worte ihre Lippen, die sich zu einem maskenhaften Lächeln verzogen.
„Ach Annie...“
Es zerriss Tommy das Herz, er suchte nach Worten, die helfen konnten, doch was war jetzt Balsam, was Salz in Wunden.
„Willst du nicht noch etwas schreiben?“
„Ein Abschiedsbrief? Huhm...“
Er hörte den Hohn, der in jedem Buchstaben mitschwang, und bereute seine Worte zu tiefst.
„Ich zieh aus, ich nehme mir nicht das Leben.“
Wie aus einer Nagelpistole schoss sie jedes Wort in Richtung der kleinen Kommode, auf die sie Schlüssel und Abholschein gelegt hatte.
Nein, dachte Tommy, das hat er getan, stumm reichte er ihr die Hand.
Noch während sie die Treppe hinunter ging schrieb sie eine SMS an Oliver

<< Wohnung ist wieder frei>>

mehr nicht, dann löschte sie seine Nummer aus ihrem Handy.

Am neuen Domizil angekommen, hielt Tommy ihr die Augen zu während er klingelte, Annika hörte wie die Tür geöffnet wurde, der Geruch von frischer Farbe und Lisas Parfüm schlug ihr entgegen. Plötzlich klopfte ihr Herz ganz wild, wie damals als Kind, als sie auf dem Dreimeterbrett stand, wenn sie jetzt springen würde, würde nichts mehr so sein wie es mal war. Genau wie damals zögerte sie, wollte sie springen, wollte sie ein neues Leben?
Sie traf die Entscheidung nicht, denn Lisa zog sie in die Wohnung, mit einem unhörbaren Geräusch stellte sie den unsichtbaren Koffer im Flur ab.
„Wir hoffen, du bist uns nicht böse, aber wir haben überall nachgefragt und jeder war bereit etwas zu geben“, hörte sie Lisas Stimme ganz nah an ihrem Ohr, dann nahm Tommy die Hände von ihren Augen, und sie blickte staunend in ihr Wohnzimmer. Da stand der alte massive Holzschrank ihrer Mutter, für den sie schon immer schwärmte, der gemütliche Schaukelstuhl ihrer Oma mütterlicherseits, in dem sie, bereits als Baby auf Omas Schoß, viele Stunden verbracht hatte, der herrliche alte Holztisch ihrer Tante, dessen Kerben ihr seit sie denken konnte romantische Geschichten erzählten, die rosa Couchgarnitur ihrer Großeltern väterlicherseits, die die Oma sich aus einer Laune heraus gekauft und dann doch auf den Speicher verbannt hatte, die Annika jedoch auf Grund der Farbe liebte , farblich passende Vorhänge, die Lisa genäht hatte hingen an den Fenstern.
 „Oh mein Gott“, hauchte sie und sank zurück an Tommys Brust, der sie fest umschlungen hielt und die Worte „Du musst nur noch sagen wo was hin soll“, auf die Wange küsste. Das war gar nicht so leicht für Annika, ein paar Mal stellte sie um, ehe sie den passenden Platz fand. Als alles aufgebaut war überreichten Tommy und Lisa ihr noch ein Päckchen Salz, einen Laib Brot sowie ein Centstück als Glückbringer und verabschiedeten sich, einräumen wollte Annika allein. Doch zunächst setzte sie sich in den Schaukelstuhl, zog die Beine an ließ ihre Gedanken über die Wände streiche, dies also war nun ihr Zuhause, die Stätte zukünftiger Träume. Im Flur öffnete sich unbemerkt jener mitgebrachter Koffer vergangener Zeit und entfaltete das erste Bild.
Während das Sonnenlicht sich langsam aus dem Zimmer zurück zog, schlich eine leichte Melancholie in ihr Herz, so zart wie fließende Seide und doch so schwer., dass es ihr den Atem nahm. Sie stand auf und begann einige Sachen auszupacken und einzuräumen, wie ihr Zahnputzzeug, legte frische Handtücher ins Bad, und den mitgebrachten Traum von romantischen Schaumbädern, stellte den alten Teelichthalter, der einst Begleiter vieler wortloser Gespräche mit Oliver war,  auf den Tisch im Wohnzimmer, hängte den Bademantel an den Haken im Schlafzimmer, suchte und fand einen Platz für die Kaffeemaschine in der Küche. Packte das Geschirr aus, und mit den Tellern, den sorgsam zwischen Zeitungspapier verstauten hellen Tag, als Oliver nach dem ersten großen Abendessen, das sie gegeben hatte nur mit Jeans bekleidet, barfuss aber strahlend, als hätte wäre er gerade befördert worden, in der Küche stand und die Geschirrspüle einräumte. Ein kleines Lächeln tanzte auf ihrer Seele, auf das jedoch beim Auspacken der Kaffeetasse ein Schatten fiel, so als ob ein Adler am Himmel seine Kreise zog, tauchte langsam ein anderes vertrautes Bild von Oliver auf. Er im Anzug am Frühstückstisch sitzend, schweigend die Tageszeitung unberührt neben seinem Teller, nie las er sie zu Hause, nahm sie mit ins Büro, um sie abends sorgsam gefaltet auf Annikas Tischset zu legen. Instinktiv kniff sie die Augen zu, schüttelte den Kopf, als wollte sie die gespenstischen Gedanken vertreiben, spülte das Geschirr und stellte es, ihr nun irgendwie von allem nur die Hälfte vorkommend, ins Regal. Dann schob sie eine Tiefkühlpizza in den Ofen, öffnete eine Flasche Rotwein, nahm eins der frisch polierten Weingläser vom Regal und schenkte sich großzügig ein. Während sie noch wie von fern Olivers Stimme, mach die Gläser nicht so voll, hörte, prostete sie seinem Geist zu und nahm den ersten Schluck.
Mit jedem leeren Glas, in das sie im Laufe des Abends sah, legte sich wohltuende Müdigkeit über sie, gingen quälende Gedanken und Fragen schlafen.
„Ich hab auch keine Antwort“, hauchte sie ins Glas, löschte die Kerze und begab sich ins Bett.
Der Morgen kam viel zu schnell. Annika erwachte mit trocknem Mund und einem leichten Brummen im Kopf, sowie dem unerklärlichem Gefühl zu spät zu sein, dabei war es Sonntag und erst 8:00 Uhr. Schnell sprang sie aus dem Bett, nahm im vorbei gehen den Bademantel vom Haken, zog ihn auf ihrem Weg in die Küche umständlich an, schob immer wieder ärgerlich ihre widerspenstigen Haare hinters Ohr. Bediente die Kaffeemaschine und warf eine Blick auf den Balkon, da stand schon einladend der kleine Gartentisch mit Stuhl, den Tommy ihr überlassen hatte. Draußen frühstücken wäre doch herrlich dachte sie, öffnete kurzerhand die Balkontür, trug schnell all die benötigten Utensilien nach draußen, huschte zurück, lief zur Wohnungstür, schlich barfuss nach unten zum Briefkasten, um die Zeitung zu holen, und war froh auf dem Rückweg Niemanden zu begegnen. Wieder auf dem Balkon rückte sie den Stuhl zurecht, goss sie sich Kaffee ein, nahm eine Scheibe Brot und griff nach der Marmelade, noch während der Bewegung hielt sie inne, ihr wurde bewusst, was sie getan hatte. Die Zeitung.
Lange ruhte ihr Blick auf dieser, die sie auf die freie Hälfte des Tisches, also da wo normaler weise Olivers Gedeck gewesen wäre, gelegt hatte, und sie wurde wütend. Jäh traf sie die Erkenntnis, dass es beinah schmerzte, dass sie die letzten Woche eigentlich immer wütend auf Oliver gewesen war, egal was er tat. Irgendwann einmal hatte sie den Gedanken in sich ertappt, dass sie froh war, wenn er nicht zu Hause war, diesen dann jedoch sofort wieder verdrängt, ja sogar ganz tief vergraben bis hinunter zu ihren Kindervorstellungen von Liebe, die mit dem Eintreten des Wir vollendet war. Plötzlich wurde Annika bewusst, dass ihr Wir nie aus gleichen Teilen bestanden hatte. Sie hatte zu schnell zu viel von sich gegeben und Oliver war, im Gegenteil zu Lisa, nie daran interessiert gewesen ihre Persönlichkeit zu fördern, er wollte ein Leben nach seinen Vorstellungen, Annika gab, wurde unglücklich und still. Eine Stille, die alles zerstörte und doch Nährboden für diese, Olivers , andere Liebe war.
Was sie gestern Nacht auf dem Grund des leeren Weinglases vergeblich gesucht hatte, machte der Tag ihr heute zum Geschenk. Ganz zart fiel der Regen vom Himmel. Als schlüpfte er aus einem zu lang getragenen Wolkenkleid glitt er beinah sanft der Erde entgegen, perlte fast majestätisch von Blumen und Gräsern, um still vom Boden aufgenommen zu werden. Ebenso sanft, fast zärtlich flossen die Tränen aus ihren Augen, rannen über ihre Wangen, befreiten ihren Brustkorb von dem seit Tagen anhaltenden Druck, ließen sie durchatmen.
Die Luft trug ein Frühlingsahnen, einen Hauch von Beginn, den sie unbemerkt, mit der Ruhe die sie umgab, einsog.
Das Läuten an der Wohnungstür ließ sie leicht zusammen zucken. Wer mochte das sein? Hatte sie doch jemand auf der Treppe bemerkt? Mit leichtem Herzklopfen öffnete sie die Tür und blickte in das perfekt geschminkte Gesicht einer ihr unbekannten Dame. Auch deren Kleidung und Frisur wies darauf hin, dass diese Person sehr viel Sorgfalt auf ihre äußere Erscheinung legte. Wie kann man so früh am Morgen, schon so „gemacht“ aussehen?, schoss es Annika durch den Kopf, und ihr wurde bewusst, dass sie selbst ungekämmt war, ein Kaffeefleck ihren Morgenmantel zierte,  sofort fühlte sie sich in die Defensive gedrängt.

„Guten Morgen“, flötete die Besucherin, „ich bin Frau Gailinger, ihre Nachbarin, ich weiß ja nicht, ob die, von der Hausverwaltung, es Ihnen schon gesagt haben, aber wir hier im Haus legen äußerst großen Wert auf Sauberkeit, zu der jeder im Hause beizutragen hat. Deshalb möchte ich Sie daraufhin weisen, dass es äußerst wichtig ist, dass die Termine für die Flurwoche von jedem Bewohner eingehalten werden  und ...“
„Ach“, hörte Annika sich eine Spur zu erfreut sagen, „das ist aber nett, und da haben Sie mir einen Plan gleich mitgebracht.“
Sie sah, wie sie nach dem Zettel griff, den Frau Gailinger, welch amüsanter Name, in den Händen hielt, doch erschien es ihr, als würden die Handlungen von einer anderen Person als von ihr ausgeführt, sie quasi nur Zuschauer war. Der leicht verblüffte Blick der Ordnungs- und Sauberkeitsbewussten Dame verlieh ihr ein Gefühl von Triumph, so dass sie dem Gedanken Raum schenkte, der ihr beim Anblick, des Kugelschreibers und der Rolle Kleber kam, die auf einem, noch im Flur stehenden, Umzugskarton lagen.
„Flurwoche, ist wichtig,“, flötete sie in der gleichen Tonlage wie die Dame zuvor und schrieb die Worte ganz oben auf den Zettel, „ und wissen Sie was, damit ich es nie vergesse, klebe ich es mir hier gleich an die Tür, rot unterstrichen kann ich es nicht übersehen“, etwas umständlich klebte sie dies Blatt an die Wohnungstür, wünschte einen guten Tag, und schloss die selbige mit Nachdruck.
Als sie wieder in der Küche stand, da sie den so eben genommenen Schluck Kaffee, der mittlerweile kalt war und bitter schmeckte , in die Spüle spuckte, musste sie lachen: Mein Gott Annika, der kannst du nie wieder unter die Augen treten, versuchte ein reuevoller Gedanke sich Platz zu verschaffen, doch das Lachen war stärker, was soll´s, sie würde die Flurwochetermine ja einhalten. Flurwoche ist wichtig! Oh mein Gott, wann war sie denn eigentlich dran? Leise schlich sie zur Wohnungstür, horchte, ob nicht noch jemand im Treppenhaus stand, öffnete diese dann und spähte wie ein Dieb, der die Lage checkt, hinaus. Niemand war zu sehen, ein Blick auf den ordentlich aufgeführten Terminplan zeigte ihr an, dass sie ab Montag mit dem Reinigungsdienst dran war. Verdammt, dachte Annika, hätte ich nicht eine Woche später dran sein können, damit ich schauen könnte wie das hier gehandhabt wird, machen die täglich sauber, oder nur einmal in der Woche? Die Gailinger zu fragen, hatte sich ja nun erübrigt, nun gut würde sie halt erstmal täglich fegen und wischen.

Die Wochen vergingen und merkwürdiger Weise wurden die Flurwoche -Termine für sie, die so benötigten Festhaltepunkte in ihrem neuen Leben, das ihr noch immer wie der Fehlkauf einer Sommerbluse vorkam. Unbeachtet hing es am Schrank, es passte einfach nicht. Doch dann irgendwann während der Flurwoche, an die sie gedanklich einen Haken machte, wieder eine Woche überstanden, ohne der Versuchung zu widerstehen Oliver anzurufen, ohne an seinem Büro vorbei zu fahren, um heimlich einen Blick auf ihn zu werfen, ja manchmal sogar ohne sich zu fragen, was würde Oliver dazu sagen, strich ihr Blick sanft darüber. Entdeckte sie den zarten Schimmer längst vergessener Farben, versuchte sie sich,  zunächst nur gedanklich an einigen Kombinationen. Es blieb am Schrank hängen, als wollte es sagen, ich bin da, probier mich aus. Doch der Sommer kam und verging, ohne dass sie es trug, manchmal ging es neben ihr und eines Tages dann, trat sie beinah unbemerkt in seine hinterlassenen Fußstapfen. Es war im Waschcenter ein junger Mann drehte sich ein paar mal zu ihr herum und lächelte, unsicher schaute sie immer wieder zur Seite, doch dann hörte sie wie jemand etwas zu dem jungen Mann sagte: „Was grinst du bloß immer so blöde?“
„Wenn man so etwas zauberhaftes sieht, dann muss man einfach lächeln, sonst stößt man die schönsten Seiten des Lebens von sich.“
Waren seine Worte, mit denen er Annika das Leben hinhielt, sie schlüpfte spielend leicht hinein, sah sich um, und fühlte sich wohl.

Es war ein Sonntagmorgen, der Sommer flirtete schon heftig mit dem Herbst, der des nachts einen weichen Schal aus Nebel über die Erde legte, welcher sich elfengleich der Sonne, sobald sie ihre ersten noch verschlafenen rosa Strahlen über die Häuser streichen ließ, entgegen hob. Annika erwachte leicht fröstelnd, da sie bei geöffnetem Fenster schlief. Sie genoss den Moment sich noch mal in die Decken kuscheln zu können, mit offenen Augen zu träumen, einfach so. Doch irgendwann waren auch ihre Gedanken im Tag angekommen und sie stand auf, zog ihren Morgenmantel sowie dicke Socken an. Nachdem sie die Kaffeemaschine angestellt, den Herd für die Brötchen vorgewärmt, und Wasser für die Eier aufgesetzt hatte, warf sie einen Blick auf den Balkon, dem die Sonne gerade einen goldenen Anstrich verlieh. Der noch einmal den Zauber des sich verabschiedenden Sommers ausstrahlte, auch wenn sich auf dem Boden schon die ersten Herbstblätter tummelten. Annika beschloss draußen zu frühstücken. Fröhlich öffnete sie die Tür, schnappte sich einen Putzlappen und trat summend hinaus. an den Tisch, um diesen abzuwischen Als sie wieder in die Küche trat, blieb sie stehen schloss kurz die Augen und sog die Luft ein. Sie liebte diesen Sonntagmorgengeruch, den Duft von frisch gebrühtem Kaffee, sprudelndem Eierwasser und dem Aroma von Aufbackbrötchen. Unbemerkt suchte sich ein <<das Leben ist schön>> Lächeln einen Platz in ihrem Gesicht während sie den Wohnungsschlüssel vom Bord nahm, die Treppe hinunter zum Briefkasten huschte, um die Zeitung zu holen. Diese ruhte auf dem Tablett direkt neben ihrer Kaffeetasse, als ihr Handy klingelte. Es war nicht der VIP-Ton, also keiner ihrer Freunde oder Tommy. Sie überlegte lange, ob sie überhaupt rangehen sollte, doch der Anrufer war hartnäckig.
 „Na gut“, sagte sie, ging zurück in die Küche, kramte ihr Handy aus der, dort auf dem Tisch stehenden, Handtasche, „wenn es nicht wichtig ist, mach dich auf eine unfreundlichen Antwort gefasst.“
Sie klappte das Telefon auf und fragte erwartungsvoll; „Ja?“
„Hallo, ich bin´s.“
Olivers Stimme war ganz nah. Für einen kurzen Moment wurden Annikas Knie weich und sie sank zurück auf den Stuhl. „Hallo“, war alles was sie sagen konnte, doch dann erreichten ihre Gedanken wieder ihre innere Stimme, was wollte er?
„Was gibt’s?“
Sie horchte in sich hinein, wollte sie es wirklich wissen? War da Anspannung, Neugierde in ihr? Noch ehe sie die Antwort in sich fand sprach er weiter.
„Wir müssen reden.“
„Wozu?“, entschlüpfte es ihrem Mund.
Vier Buchstaben.
„Ach Annika, ich komme mir so schäbig vor, ich...“
„Das, ist dein Problem“, unterbrach sie ihn und klappte ihr Handy zu.
Im Flur schloss sich der unsichtbare Koffer.
Annika, war eingezogen.

 



Veröffentlicht am:
13:28:47 08.07.2007

 

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