Theodor Fontane
Noch einmal ein Weihnachtsfest,
Immer kleiner wird der Rest,
Aber nehm ich so die Summe,
Alles Grade, alles Krumme,
Alles Falsche, alles Rechte,
Alles Gute, alles Schlechte –
Rechnet sich aus all dem Braus
Doch ein richtig Leben heraus.
Und dies können ist das Beste
Wohl bei diesem Weihnachtsfeste.
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Spätherbst und Vorweihnachtszeit
Wir wissen es ja: Es ist Spätherbst, nicht mehr lange, und das Weihnachtsfest steht vor der Tür.Es kommt immer so plötzlich.Heute ist Nikolaus – und wieder ein Tag ohne Sonne, voller Düsternis und mit ewigem Regen.Unser neuer Hund verweigert den Spaziergang. Hat er sich gelöst, zieht er zurück. Es bedarf schon großer Überzeugungskraft, ihn zum Weitergehen zu bewegen.Bei unserer heutigen etwas anderen Runde – wir wollten den Enkelkindern noch ihren Nikolaus bringen – kamen wir durch kleine Orte. Überall Weihnachtsmärkte, und doch: nichts los.
Weihnachtsmärkte im Regen
Die Budenbetreiber haben sich so viel Mühe gemacht, ihre Waren liebevoll dekoriert.Doch die wenigen Leute, die mit Regenschirmen über den Platz gehen, scheinen „Igel in den Taschen“ zu haben. Von großer Kauflust ist nichts zu bemerken.Allgemein ist die Lage ja auch nicht so, dass Ausgaben Freude machen.
So viele Firmen melden Personalabbau – es ist eine Zeit großer Unsicherheit.
Politische Schatten
Politisch scheint es auf gefährliche Zeiten zuzusteuern.Der Krieg in der Ukraine ist noch lange nicht beendet. Der Russe scheint langsam, aber sicher nicht nur vorzurücken, sondern dieses kleine Land vernichten zu wollen.Unsummen unseres Volksvermögens fließen in Waffen und Flüchtlingshilfe.
Wohin soll das nur führen?Und ja: Weihnachtsstimmung will nicht aufkommen. Auch in den Medien ist davon nichts zu spüren. Weihnachtslieder scheint es nicht mehr zu geben – bestenfalls Weihnachtsschlager.
Gedanken über Alter und Stimmung
Ist es unser Alter, das uns so freudlos empfinden lässt?Erich Kästner schrieb Weihnachtsgedichte, die so aktuell sind wie damals.Ich beginne meine Grüße, die ich alljährlich an Politiker schicke, auch in diesem Jahr mit einem Gedicht von 1930 von Erich Kästner.Wenn ich so überlege – es scheint erschreckend aktuell.
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Erich Kästner – Kinderwünsche bleiben jung
(1930)
Lieber guter Weihnachtsmann, weißt du nicht, wie’s um uns steht?
Schau dir mal den Globus an, da hat einer dran gedreht.
Alle stehn herum und klagen, alle blicken traurig drein.
Wer es war, ist schwer zu sagen, keiner will’s gewesen sein.
Uns ist gar nicht wohl zumute, kommen sollst du, aber bloß
Mit dem Stock und mit der Rute – und nimm beide ziemlich groß.
Breite deine goldnen Flügel aus und komm auf uns herab.
Denn verteile deine Prügel, aber bitte nicht zu knapp.
Lege die Industriellen kurz entschlossen übers Knie.
Und wenn sie sich harmlos stellen – glaube mir, dann lügen sie.
Ziehe denen, die regieren, bitte schön die Hosen stramm.
Und wenn sie heulen und sich zieren, zeige ihnen ihr Programm.
Komm, und zeige dich erbötig, und verhau sie, dass es raucht.
Denn sie haben’s bitter nötig und sie hätten’s längst gebraucht.
Komm, erlöse uns von der Plage, weil ein Mensch das gar nicht kann.
Ach, das wären Feiertage, lieber guter Weihnachtsmann.
Erich Kästner – Morgen Kinder wird’s nichts geben
(Auszug)
Morgen Kinder wird’s nichts geben,
nur wer hat, kriegt noch geschenkt.
Mütter schenkten euch das Leben –
das genügt, wenn man’s bedenkt.
Morgen ist noch nicht so weit,
doch ihr dürft nicht traurig werden.
Reiche haben Armut gern,
Gänsebraten macht Beschwerden.
Puppen sind nicht mehr modern,
morgen kommt der Weihnachtsmann –
allerdings nur nebenan.
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Schlussgedanken
So bleibt die Weihnachtszeit zwischen Hoffnung und Ernüchterung.Die Gedichte von Kästner und Fontane spiegeln wieder, wie sehr sich die Fragen der Menschen – damals wie heute – ähneln.
© Karin Oehl
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