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November

November


November

Geboren im Juni bin ich ein Frühling oder Sommerkind, immer gewesen. Schon immer war der Monat November für mich schwer zu ertragen, es war und bleibt der Totenmonat. Auffallend viele Menschen versterben in dieser Zeit vor Weihnachten, die Zeitungen sind voll davon. In meinem Alter liest man schon mal die Todesanzeigen, auch wenn man die Namen nicht kennt. Ich sehe, dass ich mein Verfallsdatum auch fast überschritten habe und lebe noch so gern. Viele Menschen, die viel jünger sind, mussten den Weg in die Ewigkeit schon antreten. Ich bemühe mich, positiv zu denken, das Schöne wahr zu nehmen und meine Gedanken dahin zu lenken. Wunderschön ist das sich verfärbende Laub. Dieser morbide Charme ist ein Genuss und ein Trost, nur ist die Zeit eben immer zu kurz. Viel zu schnell fällt das bunte Laub ab, die Tage sind so trübe und dunkel, es regnet viel. Das drückt auf die Stimmung. Es ist komisch, jetzt im Alter spüren wir viel mehr als sonst, wie schnell die Zeit vergeht. Läuft sie schneller als früher? Ich denke, Zeit ist Zeit. Eben noch T-Shirt Wetter, und streichelnde Wärme, dann schon das Rascheln des gefallenen Laubes, Matsch auf den Wegen. Der Wind war nie mein Freund, er machte mir immer Ohrenschmerzen. Und jetzt habe ich mir die Schützer schon wieder rausgeholt. Und die Handschuhe es sind noch längst keine Minustemperaturen draußen, aber meine Hände werden so schnell kalt. Ich erinnere mich an die Kinderzeit, als es im Oktober zur Kirmes das erste Eis auf den Pfützen gab und wir es zerstampften, dann begann die Wintermantelzeit. Wir Kinder waren so eifrig dabei, zu ergründen, welche Bude, welches Fahrgeschäft aufgebaut würde und wofür wir unsere paar Kröten dann ausgeben wollten. Heute haben wir viel länger warme angenehme Tage und sind dennoch nicht zufrieden, weil jetzt der Herbst so vehement einsetzt. Die Tiere spüren auch den nahenden Winter, die Eichhörnchen suchen schon heftig Nüsse und vergraben sie dann. Unseren Haselnussbaum haben sie komplett abgeerntet, nicht eine Nuss haben wir davon bekommen. Aber wir haben Freude an den flinken Gesellen und gönnen ihnen gern die Nüsse. Und die Vögel suchen vermehrt die Futterstellen auf, Kraniche sind gezogen und große Schwärme von anderen Zugvögeln. Es gibt sie noch, Ist es Einbildung? Ich meine, die Schwärme sind kleiner geworden. Und was ist das? Die Spitzen der Frühblüher schauen schon vorwitzig aus der Erde. Das kann doch wohl nicht wahr sein! Zeigt es uns doch, dass das Leben weitergeht, das ist das Leben, ein Werden und Vergehen. Alles hat seine Zeit und wir stehen mitten drin. Und das Leben schenkt uns viel Schönes, Lustiges, Erfreuliches Aufregendes, Erschreckendes, Beängstigendes. Es ist eine riesengroße prall gefüllte Wundertüte, die uns beschert ist, nehmen wir sie an.


© Karin Oehl


 
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