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Gäste – Menschen im Hotel XI

Gäste – Menschen im Hotel XI


Es klingelt an der Rezeption.

„Ja, bitte, womit kann ich dienen?

Ach, du bist es, was ist los?“

Die Stimme brüllt in die Muschel:

„Johann, schicke doch bitte die Chefin in die Sauna, eine nicht mehr so junge Dame ist ganz aufgelöst. Sie fühlt sich bedroht!“

„Die Chefin kommt gerade, ich werde sie verständigen.“

„Frau Sander, Ihre Anwesenheit ist in der Sauna erwünscht, ich glaube, es eilt!“

„Schon gut, ich eile, bin schon auf dem Weg.“

Zwischen all den schönen Kacheln in italienischem Stil irrt die um ihre Ruhe gebrachte Dame. Krampfhaft hält sie ein Badetuch um ihre nackte Gestalt.

„Es ist gut, dass Sie kommen. Ich bin ganz außer mir, was hat dieser Mann in der Sauna zu suchen. Ich will hier in Ruhe schwitzen und nicht von einem Mann beglotzt werden. Plötzlich steht ein Mann vor mir.“

„Beruhigen Sie sich doch. Der männliche Saunagänger will überhaupt nichts von Ihnen!“

„Das sagen Sie so leichtfertig, Sie haben gut reden, Sie stehen ja nicht nackt hier!“, unterbricht sie die Chefin des Hauses.

„Sind Sie nicht Frau Hagen von Nr. 13?“

„Ja, ja, die bin ich.“

„Frau Hagen, ich vermute, ein Irrtum liegt hier vor. Sie haben sicher geglaubt, hier saunieren nur Frauen. In den öffentlichen Saunen gibt es bestimmte Zeiten für Damen und Herren. Hier und überall in den Hotels ist immer gemischte Sauna. Hier kann jeder jederzeit seinen Körper zum Schwitzen bringen, ohne dass sich jemand daran stößt. Es ist wirklich nur ein gesundheitlicher Akt.“

„Meine Güte, hätte ich das gewusst, wäre ich überhaupt nicht hier reingegangen.“

„Frau Hagen, es ist doch alles nicht so schlimm, wir sind doch alles nur Menschen mit kleinen und großen Bedürfnissen und bringen doch auch gegenseitig Verständnis auf. Setzen Sie sich nur ruhig wieder hin und lassen Sie die Ruhe an sich wirken. Sie haben sie jetzt wirklich nötig.“

„Wenn Sie meinen, dann will ich es noch einmal versuchen, ist sehr schön hier in der Wärme. Entschuldigen Sie auch vielmals. Ich war nur so erschrocken“, sie holt erleichtert tief Luft und bewegt sich zur Sauna hin.

„Schließlich war ich verheiratet, ein Mann ist mir nicht fremd. Und zwei Söhne habe ich ebenfalls“, murmelt sie derweil.

Zum nackten Mann nickt sie kurz hinüber. Dabei stellt sie fest: „Der scheint nichts mitbekommen zu haben. Gott sei Dank.“

Nicht ganz so lässig wie vorgesehen, setzt sie sich auf die Bank und schwitzt weiter.

„Die Nummer 13 werde ich in meinem ganzen Leben nicht mehr aufnehmen.

Ich hab’s gewusst!“

Die Chefin lässt es sich nicht nehmen, bei Johann einen Besuch abzustatten.

„Johann, Sie haben was verpasst, ich hätte Sie schicken sollen.“

„Erzählen Sie!“

„Ein anderes Mal, vielleicht beim nächsten Betriebsfest. Dann haben wir etwas zum Lachen.“

Johann schmollt.

Johann hat nicht viel Zeit zum Schmollen, das Telefon klingelt. Er hebt ab:

„Hotel Meridian, was kann ich für Sie tun?“

„Eine ganze Menge, wir sind zwölf Personen und haben kein Quartier. Wie sieht es bei Ihnen aus?“, schallt es in den Hörer.

„Das kann ich Ihnen ganz schnell sagen. Wenn Sie zwei Tage früher gekommen wären, hätte es geklappt, es tut mir leid.“

„Das muss Ihnen nicht leid tun, wir versuchen es in einer Herberge, Sie waren unsere letzte Hotelmöglichkeit. Nichts für ungut.“

Der Anrufer war so schnell weg wie er gekommen war.

„Das fehlte uns gerade noch hier, hier in diesem Hotel eine Horde Menschen.“

 

© Margit Farwig


 
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