Und wieder was Neues....
Nanu! Es geht das Telefon. Anfrage: Kannst Du mal? Da ist jemand aus Deinem Ort und ich habe keine freien Plätze mehr, es scheint eilig zu sein. Ich kann eigentlich nicht, will auch nicht, aber 50 Jahre ehrenamtlicher Tierschutzarbeit hinterlassen auch im Wesen seine Spuren. Also kann und will ich, weil es eilig ist. Haustürglocke! Ein Mann mit einem kleinen Kästchen steht vor der Tür.Ach nee, sooooo klein? Ich wollte doch mit 80 Jahren nicht noch mal Mutter werden. Es war wirklich eilig, das kleine stachelige Wesen war eiskalt und regte sich kaum noch. Also: Zunächst mal warme Hände, dann eine lauwarme Wärmeflasche. Die Lebensgeister des Winzlings kommen langsam zurück. Ich schaue genau hin, das Stachelkind ist ein Baby, etwa eine Woche alt.Es hat noch geschlossene Augen und Ohren und beginnt jämmerlich zu piepsen, wie eine kleine Maus. Kann man da Hilfe verweigern? Ich nicht. Rasch mache ich einen Fencheltee. Für alle Fälle bin ich noch ausgerüstet mit verträglicher Babynahrung für Tiere, die für Igel geeignet ist.,mit einer verträglichen Elektrolytlösung mit B-Vitaminen und etwas Glucose. Vorsichtig tröpfele ich davon etwas ins Mäulchen. Und siehe da, das Babs schluckt gierig.Nur nicht zu viel wer weiß, wie lange es schon unversorgt auf dem Rasen gelegen hat. Das Wärmebettchen ist vorbereitet. Erst mal Ruhe für das Tier. Notversorgung ist gemacht, dann kümmere ich mich um den aufgeregten Finder, erkläre ihm was er wissen muss, suche Info-Material zusammen, überreiche es ihm. Er ist dankbar, wir schauen noch mal nach dem Winzling, den er jetzt erleichtert in kundigen Händen weiß. Ich gebe dem Igel Baby noch ein paar Tropfen Nahrung nach und lasse ihm erst mal seine Ruhe. Später habe ich das Bäuchlein vorsichtig massiert und wunschgemäß erschien das erste kleine Bächlein und Häufchen. Die Nacht hat es gut überstanden. Da ich ohnehin an seniler Bettflucht leide, nutzte ich die Schlafpause, um das Kind zu stillen und wieder zum Ausscheiden zu animieren. Verflixt, ich wollte doch nun wirklich kein Baby mehr bekommen. Aber was sagte Albert Schweizer? Ich bin Leben von Leben, das leben will. Und während andere hilflos sind oder sagen können nicht mehr zu mir, geht bei uns immer was. Das Wort geht nicht, gibt es bei uns nicht, auch wenn ich mich kaum noch bewegen kann egal. Das Leben hat Vorrang, es ist jedes Mal Sorge und Glück gleichzeitig, wenn ich so ein Tierchen gut vorbereitet der Natur an geeigneter Stelle zurückgeben kann
© Karin Oehl