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Der Rosenmann

Der Rosenmann

 

Endlich geht der Sommer zu Ende, es ist viel zu heiß, ich mag keine heißen Tage, keine heißen Stunden und überhaupt, wohl temperiert muss mein Tag, müssen meine Stunden sein, soll ich sie empfinden, mich daran reiben, ihnen den Stempel eines für mich erfolgreichen Tages aufdrücken, mit Nachdruck. Ich hasse den Druck, die Stresseinheiten, die sich über Nervenbahnen verbreiten, sobald Hitzesträhnen die Stirn herunter rinnen. Das Tröpfeln von Schweißperlen, von ekligen Schweißperlen salzigen Gehaltes, die das Salz aus meinem Körper schwemmen, als wenn ich genug davon hätte. Nachfüllen wie beim Salztöpfchen ist angesagt, trinken, Mineralquellen leer schlürfen, damit meine Zellen nicht zusammenklappen oder ihnen die Luft ausgeht, was meine Zellen nicht zusammenklappen oder ihnen die Luft ausgeht, was schlimmer ist, nicht austrocknen. Ich stelle mir eine große Handvoll Rosinen vor, die sich eklatant in meinem Gehirn einnistet, es ist mein Gehirn, nur vor, die sich eklatant in meinem Gehirn einnistet, es ist mein Gehirn, nur, weil ich nicht genug Flüssigkeit zu mir nehme. Auch hier ist das Salz das Salz in der Suppe meiner Eingeweide, meiner Zellen, meiner Muskeln und was weiß ich, sonst wäre ich ein halber Mensch. Fazit, neu einschütten und von vorne läuft der Film über den Kreislauf meines kleinen Menschenlebens.

Zuviel Kraft geht verloren, mein Ich hängt wie in den Säulen der Akropolis, wenn ich es genau überlege. Zuviel Widerstände legten sich mir in den Weg, ich will wieder frei sein, frei atmen, frei denken, frei handeln. Ist das zu viel verlangt? Ich, ein Mensch, dessen Würde unverletzlich sein soll. Bin ich weniger Wert als andere meines Geschlechts, meines Jahrgangs, meiner Denkungsart. Habe ich nicht immer versucht, einen geraden Weg einzuschlagen? Gewiss, es gab mir selbst gelegte Stolpersteine, die andere sich nie auf ihre Lebensbahn gelegt hätten.

Bin ich die anderen, bin ich der oder der  oder wer? Eine große Last wurde mir die ewige Liebhaberei von Damen, es waren meistens Damen. Darauf wenigstens legte ich Wert. Andere wären nie infrage gekommen. Von weitem schon sah ich den lieblichen Gestalten an, woher sie kamen und wohin sie eventuell gehen wollten. Ich sage es frei heraus. Sie wollten mit mir gehen. Immer und immer wieder habe ich das geglaubt. Von Frau zu Frau und wieder von vorn. Das Drama hat bis heute kein Ende genommen. Daher versuche ich jetzt, Ordnung in mein Leben zu bringen.

Das Wirbeln mit diesen unzufriedenen, fordernden, nie den Hals vollkriegenden, Entschuldigung, dass ich so ausfällig werde, sogenannten Dämchen steht mir bis zu meinem Hals. Basta! Ich will ein neues Leben. Und doch waren sie das Lieblichste, was ich mir auf dieser Erde vorstellen Und doch waren sie das Lieblichste, was ich mir auf dieser Erde vorstellenkonnte. Und ich sage noch einmal, es war an sich die schönste Zeit meines Lebens.

Ich versuche, davon zu erzählen, ich mag meinen Namen nicht nennen, ich schäme mich, ich erzähle so, als wenn es eine andere, vollkommen fremde Person gewesen wäre: "Tief in seinem Herzen ruhen Legenden von Helden auf duftenden Rosenblättern, gebettet auf süßen Träumen, erwartend den Dornenstoß mitten ins Innerste. Sie rufen die Namen der Angebeteten in den Tag und in die Nacht. Im Früh Lied der Amsel wachsen ihnen Flügel gesponnen aus Liebe und Sehnsucht nach Erfüllung ihrer Träume.

Sie wechseln nie ihren Standort aus Furcht, die Angebetete könnte sie nicht finden in neuer Position, da sie sich nach dem Klang orientiert, die geortete plötzliche Leere ein Entschwinden signalisieren würde. Sie werden nicht müde, verspüren weder Hunger noch Durst, vergraben ihre lustvollen Gebeine in der Aura klangvoller Blütenträume, nach denen sie greifen, wenn ihnen vor Augen dunkel wird. Dann lassen sie wachsbleiche Kolombinen, rosarote, dunkelrote, Tee gelbe und ich weiß nicht, in wie vielen Farben, nach den Sonnengesängen der Winde aufsteigen, dass ihnen ein helles Licht der Liebe scheinen möge.

Sie greifen nach jedem Halm, der ihnen auch nur andeutungsweise verspricht, die Angebetete wird ihr Augenmerk auf sie richten und sie erhören. In Wirklichkeit wird sie nicht ein einziges Mal auch nur den Kopf bewegen, geschweige denn ihr Herz hüpfen lassen und schon gar nicht für diesen abgewiesenen Liebhaber, Liebhaber, der er gern sein wollte, wenn, ja, wenn nicht ein Missklang ihrer gemeinsamen Melodie sich eingeschlichen hätte. Missklänge gestalten sich auch hinfort nicht zu wundersamen Klängen gebacken aus Liebe und Leidenschaft. Ein falscher Takt legt das erwartungsvolle Gefühlssystem auf der Stelle in aller Stille lahm. Nicht ein Rhythmus funktioniert ohne Metronom, etwas anstrengend für gefühlvolle Stunden. Diese Beziehung ist auf ewig gescheitert. Die Rose in der Hand, mit einem Lächeln auf den Lippen und in ihren Augen, eine letzte großzügige Geste an den Enttäuschten, entschwindet sie wie sie gekommen ist. Gerade dieses Lächeln erweist sich als Fehlstellung der Weichen in das Land der Liebe. Verheißung, Verheißung für die Zukunft, sie kommt wieder, eines Tages zu unverhoffter Stunde.

Tag und Stunde ist nicht von ihrem Gesicht abzulesen, liegt ganz allein in ihrer Hand. Ich muss nur angemessen warten. Das Heer der Verflossenen wächst heran zu unendlichen Weiten, duftenden Feldern mit erstarrten Leibern und Gelüsten. Unter ihrer Haut brodeln Vulkane und in ihren Seelen steigen Geysire heißer Tränen gen Himmel, immer in der Hoffnung, ein Spritzer wird die erwartete Geliebte auf ihrem Weg zu ihm treffen, Ansporn sein, den Gang zu beschleunigen, denn ausgebreitete Arme warten auf sie. Auch er, der Rosenmann gehört zu dieser Gattung. Er pflegt hingebungsvoll seine Rosen, die wachsbleichen, rosaroten, dunkelroten, teegelben und ich weiß nicht in wie vielen Farben. Jede Knospe lächelt ihm zu: Warte, warte, sie wird kommen. Er spricht mit ihnen.

Besonders die erste Begegnung, die dunkelrote Rose ganz vorn am Eingang des Rosenwunders, hat ihn zu wahren Romanen hinreißen lassen. Mit ihr verbindet ihn die Liebe zu einer einzigartigen Frau. Ihr schwarzes Haar übertrifft die Dunkelheit der Nacht gepaart mit dem Blau des Enzians. Noch heute überfällt ihn ein Liebesstrahl, wenn er nur daran denkt. Ein Zittern durchfährt seinen Körper und sein Teint gleicht dem Rot dieser Rose. Es nimmt ihm den Atem, er wankt stets, sucht nach Halt und es endet mit dem Fallen auf das Sofa, auf dessen Plüsch er mit Irène gesunken ist, wenn ihn die Liebe übermannte.

Irène heißt die geliebte Rose, Irène verkörpert seine Vorstellung von Frauen, die er auch in Zukunft lieben will. Sie wird wiederkommen. Sie bleibt verschwunden. Er müsste nicht aus Fleisch sein, sollte er nicht neue Abenteuer bewältigen. Sie suchten ihn heim, sie verlangten seine Präsenz ganzkörperlich. Ja, er ließ sich fallen, ließ es geschehen. Eine hinreißende Versuchung in Gestalt einer langstängeligen Rose mit dem Namen Annabelle fiel mitten in sein verdorrtes Gemütsleben. Er hatte Mühe, nicht tatsächlich eine Rose in ihr zu sehen.

Die Begriffe purzelten durcheinander, so verliebt war er dieses Mal. Natürlich war sie langbeinig und die Rose, die er ihr zum Gedenken pflanzte langstängelig. So durcheinander bewegten sich seine Gedanken, dass er Irène einfach hinter der nächsten Anhöhe versinken ließ. Jetzt ließ er sich von Annabelle entzücken. Sie war eine Sünde wert. Annabelle zierte sich ein wenig. Einerseits gefiel ihr das Balzen, andererseits fühlte sie sich seltsam enthoben von dieser Welt. So etwas war ihr noch nie passiert. Um es genau zu sagen, sie fühlte sich zu ihm hingezogen und im nächsten Moment nicht mehr, eher abgestoßen.

Auf welcher Welle sollte sie reiten? Sie beschloss, sich gehen zu lassen, den Reiz des Neuen zu genießen. Der Rosenmann schwelgte, er, der lange nichts gefühlt von gleichgestimmten Seelen, vom Wiegen im Sommerwind. Die Liebe perlte wieder. Ihre langen hellen Haare wogten im gleichen Takt des Windes, wenn sie über Wiesen wanderten, Berge erklommen oder am Bach den Forellen zusahen. Hand in Hand zogen sie auf der Straße der Verliebten ins Reich der Sinne. Eines Tages warf sie den Kopf nach hinten, tippte sich an die Stirn und wusste plötzlich, was sie so deutlich bereits am Anfang verspürt hatte. Es war nicht die erwünschte Liebe, das Quäntchen Erfüllung fehlte.

Nie fühlte sie sich angekommen, sie wartete noch immer auf etwas Besonderes. Er konnte ihr die ewige Liebe nicht geben. Je schneller sie diese Liebe beenden würde, umso rascher könnte sie ihn vergessen. Sie schaffte den Absprung glänzend. Geknickt, ein welkendes Rosenblatt, ein fallendes Blatt, er war alles gleichzeitig. Nun perlten Tränen über seine Wangen wie Morgentau von den Blättern. Eingesponnen wie in Spinnenfängen von Seidenfäden umgarnt, suchte er einen Ausweg. Ihm blieb nichts Anderes übrig, als eine Rose zu pflanzen, das Allheilmittel, welches ihm zur notwendigen Gewohnheit wurde. Gelb und langstielig, eine herbsüße Erinnerung, das sichtbare Zeichen einer Wiederkehr der Geliebten. Sie weiß es noch nicht, aber sie kann ihn bestimmt nicht vergessen.

Es muss ein Wiedersehen geben. Denn die Rose schaut der Liebe ins Antlitz, die Rose schenkt der Liebe Tau statt Tränen, die Rose liebt den Tau auf Blüten der Liebe, im Antlitz der Rose lebt die Liebe und aus diesem Grund schaut Annabelle eines Tages nach ihm, sie trägt das Antlitz einer Rose, eine Verpflichtung an die Liebe, an seine Liebe. Noch ehe ein Jahr vergangen, stand eine neue Liebe wie hingegossen vor ihm. Nicht seinetwegen, nein. Sie war an ihn gestolpert, fast hingefallen, wenn er sie nicht aufgefangen hätte. Und doch fand sich schlagartig eine Gelegenheit, neue Liebesfäden zu spinnen.

Geistesgegenwärtig bot er ihr seinen Arm und in der ersten Überraschung griff sie danach und hielt sich fest. Dabei musste auch zu ihr en Funke übergesprungen sein, weil sie verwirrt zu ihm aufsah und in seinem Gesicht ein charmantes Lächeln entdeckte. Er beherrschte die Technik der ersten Sekunden und die der danach kommenden Stunden und Tage auch, vergaß aber zum wiederholten Male, sich gerade in solchen Momenten auf vergangene grob zu sagen, er verschenkte sich derartig gleich zu Beginn der Beziehung Rückschläge zu besinnen. Um es und besaß nichts mehr für eine fundierte, dauerhafte und glückliche Verbindung. Schließlich sollen sich findende Paare nicht immer wieder verlieren. Vorkommen kann es und wird es auch in der Zukunft, aber immer wieder?

Jeder Mensch lernt aus Fehlern, nur dieser verliebte Gockel rannte schlichtweg ins nächste Dilemma.  Er holte mächtig aus, packte die Gelegenheit beim Schopf und die Dame war vorerst auch nicht mehr zu retten. Sie himmelte ihn sowie seine Darbietungen an. Als sie dann noch ihren Namen nannte, es ist ja so üblich, sich gleichzeitig in den Vornamen zu verlieben, als wenn es keine schöneren Namen auf der ganzen Welt geben könnte, fühlte er sich wie vom Blitz getroffen. Sie hieß sage und schreibe GLORIA.

Gibt es einen himmlischeren Rosennamen als diesen? Nein! Gloria war bestimmt für seinen Rosengarten. Noch ging ihm die ganze Tragik nicht auf. Eifrig suchte er nach Begegnungen mit ihr. Sie wich ihm nicht aus, im Gegenteil, sie liebte seinen Gang, wie er ihr entgegenlief, wie er sie in die Arme nahm und sie zärtlich küsste. Der Rosenmann glaubte, seinem Glück entgegen zu laufen. Eine Weile standen alle Anzeichen auf Sieg. Endlich ein Sieg in der Liebe, wie lange hatte er darauf gehofft. Mit Vehemenz verstärkte er seine Bemühungen, suchte in seinen Liebeserinnerungen, was er bisher an Liebesleistungen auf dem Kasten hatte. Eine Menge, er quoll über, er schäumte über, übernahm sich wie gehabt und weinte schließlich über sich selbst.

Wie konnte er so einfältig sein und die weinte schließlich über sich selbst. Wie konnte er so einfältig sein und die weinte schließlich über sich selbst. Wie konnte er so einfältig sein und die kostbare Blume Gloria gediegen, aber so gediegen wiederum nicht, dass sie den Wust an überstrapazieren. Gloria lebte gediegen, liebte Liebesbeteuerungen seitens des Rosenmannes auch nur noch eine Stunde länger ertragen wollte. Sie packte ihre ganze Liebe und Habseligkeiten ein, rannte zur Tür und verschwand auf Nimmerwiedersehen. Mit Entsetzen folgten ihr seine Augen, seine Füße, sein Selbstmitleid.

Bis zur Tür schaffte er den schweren Gang, dann brach er zusammen. Nach zwei Tagen schlug er die Augen auf, räumte sich weg, schritt kraftlos in seinen Garten, fasste nach der zartrosa Rosenzüchtung und reihte sie zärtlich und hilflos ins Beet der Verflossenen. Gloria...Dann dachte er tief nach und fand wiederum das Feld der Helden auf duftenden Rosenblättern, gebettet auf süßen Träumen, den Dornenstoß mitten ins Innerste erwartend. Sofort fiel er ein in den Chor der Rufenden, obwohl Gloria nicht einmal eine Rose in der Hand hielt, ihre Augen nicht lächelten und auch auf ihren Lippen nichts an Versprechungen zu erkennen war. Er erstarrte zu seiner eigenen Legende. „Ich habe mein Leben erzählt, habe es ausgeschüttet wie vor einem Freund oder Seelsorger.

Jetzt gilt es, mein Schicksal zu wenden, eine Drehung zu vollziehen. Ich werde kreiseln, schwimmen, fliegen ... und der Herbst wird mir eine Stütze sein, eine dargereichte Hand.

© Margit Farwig

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