Der eingefleischte Vegetarier
Der eingefleischte Vegetarier
Der vernunftbegabte Mensch, der sich als aufgeschlossener Zeitgenosse eindeutig entschlossen hatte, augenblicklich ein Vegetarier zu werden, war entschlossen, die Tiere, die normalerweise nicht ohne ein schlechtes Gewissen zu verspüren, verzehrt werden, als ausgezeichnete, vom Schicksal gezeichnete, lebendige Lebewesen zu betrachten.
Er liebte die Tiere wie die Menschen, soweit die Menschen mit Herz und Verstand den Anstand bewahrten und entschlossen waren, die die Tiere ebenso vorbehaltlos ins Herz zu schließen wie er selbst.
Er hatte wohl bei Gelegenheit das Bedürfnis, sie mit ausge-prägtem Respekt und ausgeprägter Liebe zu betrachten, ohne die Anmaßung zum Ausdruck zu bringen, sie einfach gelassen töten zu lassen und deshalb nicht das Bedürfnis , sie ohne ein schlechtes Gewissen zu verspüren, gemütlich zu verzehren.
"Das angesammelte Fleisch in meinem Magen schlägt mir förmlich auf den Magen, sodaß heftige Magenschmerzen nicht auszuschließen sind.", sagte er zunächst deutlich hörbar , allerdings nicht ohne einen Funken Besorgnis zu sich selbst.
"Darüber muß ich eindeutig in allen zur Verfügung stehenden Lebenslagen ohne einen Funken Wohlbehagen heftig und aus-giebig klagen, ohne allerdings in meinem Schicksal völlig zu versagen!" , fügte der der Vegetarier mit ausgezeichneten Worten hinzu, ohne dafür eine spezielle Ausbildung zu erhalten.
Obwohl er mit Entschlossenheit und Tapferkeit jedes Fleisch ablehnte und beiseitelegte, schaffte er es nicht die einge-fleischten Gewohnheiten völlig abzulegen und mußte manchmal bei Gelegenheit sich sogar selbstkritisch eingestehen, daß er in seinem an sich kostbaren Leben oftmals gegen seinen Wunsch und Willen förmlich dahinvegetierte.
Schließlich blieb er unabhängig vom üblichen Fleischgenuss ein eingefleischter Vegetarier, der, ohne in den Krieg zu ziehen, mit den Fleischessern auf Kriegsfuß stand.
Obwohl er als leidenschaftlicher Mensch, wie er noch nicht im Buche stand, ein leidenschaftlicher Pfeifenraucher war, war er allerdings nicht bereit und entschlossen, mit den leidenschaft-
lichen Fleischessern entschlossen und problemlos die berühmte Friedenspfeife zu rauchen.
Bei der Gelegenheit ging er nicht ohne einen Funken Verlegen-heit nicht immer in bester Verfassung von der Auffassung aus, daß sich ein gutes, konstruktives Gespräch mit überzeugenden Worten sich danach augenblicklich in Rauch auflösen würde.
Selbst als Vegetarier mußte er, vom Schicksal geschlagen, sich durch den grauen Alltag schlagen, ohne sich, mit schlagenden Argumenten bewaffnet, geschlagen zu geben.
Obwohl er bei passender Gelegenheit in Verlegenheit geriet, ohne in guter Verfassung die Fassung zu verlieren, reagierte er manchmal ziemlich verwegen und um keine geeignete Antwort verlegen.
"Ich bin zwar nicht bereit, gegen die eingefleischten Fleischesser zu Felde zu ziehen, ziehe aber persönlich für mich und mein Wohlergehen die Konsequenzen", stellte er unumstößlich fest, beschloß allerdings die Fleischesser nicht zu hassen.
Seine persönliche Lebenseinstellung entsprach seiner Vorstellung vom Leben, ohne sich zu verstellen.
Er war sogar mit einem eingefleischten Fleischkonsumenten, der erkennbar eine große Sympathie ausstrahlte, herzlich be-freundet, äußerte aber doch eine klare Meinung, die folgender-maßen Ausdruck fand: " Zu meinem Leidwesen kann ich nicht leugnen, daß Du in Deinem kostbaren Leben nur noch kläglich dahinvegetierst.!"
"Manchmal sollte man in diesem kläglichen Leben, das die kurzsichtigen Menschen uns bieten, andere Saiten aufziehen!", ließ er in der geselligen Runde netter Menschen verlauten und griff nach dieser Aussage lächelnd und beherzt zur bereit-stehenden Gitarre.
Auf eigenen Füßen stehend, hatte er beschlossen, mit den Fleischessern nicht mehr wie gewohnt auf Kriegsfuß zu stehen, sondern ohne aufdringliche Belehrungsabsicht, Freundlichkeit , Herzenswärme und Humor einzusetzen und auszustrahlen.
"Nur mit einem mitmenschlichen, herzlichen Einsatz kann ich im Endeffekt etwas Entscheidendes umsetzen!", meinte er nicht ohne Berechtigung.
Als sprachgewandter Mensch mit einem sprechenden Gesicht, der selten sprachlos war, war das in jeder Hinsicht mit Weitsicht betrachtet, sehr vielversprechend.
Mit seiner ausdrucksvollen Sprache, die Eindruck vermittelte, sprach er vielen Menschen, die ein Herz hatten, aus dem Herzen.
Obwohl er mit den entscheidenden Konsequenzen zum ent-schlossenen Vegetarier wurde, entschloss er sich in seinem kostbaren Leben nicht sinn- und fruchtlos dahinzuvegetieren, sondern das echte, sprudelnde Leben ohne einen Funken Bitterkeit mit heiterem Gemüt und der zur Verfügung stehen-den Lebensfreude zu genießen.
Da dieser Vegetarier nicht nur das pure, sprudelnde Leben, sondern auch die zahlreichen originellen Tiere mit äußerstem Mitgefühl schätze, schätzte er sich glücklich und war sicher, daß diese Tiere glücklich waren, nicht in Fleischkonserven und Kühltruhen gewissermaßen tot vor sich hin vegetieren zu müssen.
"Die Tiere, die Schmerz und Freude ähnlich empfinden wie wir Menschen, die wir uns ohne Grund für höherstehend halten, haben zweifellos das gleiche, ungetrübte Lebensrecht, welches wir für uns problemlos beanspruchen!", sprach er sprachlich beeindruckend und drückte damit deutlich die Empfindung zahlreicher empfindsamer, mitfühlender Menschen aus.
Als musikalischer Mensch, der selbst hörbare Musik produzierte, verstand er es spielend und problemlos jeden guten Ton aus zahlreichen Tönen herauszuhören, während er die unumstößliche, nachvollziehbare Auffassung , daß selbst in einem ziemlich unmusikalischen Leben der Ton die Musik macht.
"Unabhängig von meiner Musikalität gehört es für mich zum guten Ton, die überaus wertvollen, schätzenswerten Tiere in ihrem verdienten Leben nach ihrem Wunsch und Willen leben zu lassen!", sagte dieser Vegetarier mit dem großen Herzen unüberhörbar nicht nur zu sich selbst, sondern zu allen offenherzigen Menschen, die entschlossen beschlossen hatten, nicht nur dahinzuvegetieren.
© 2020 Mario Schoofs