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Karfreitag 2019

Karfreitag 2019

Liebe Maja

Ein spätes aber wohl warmes und sonniges Osterfest liegt vor uns.

Heute werden noch ein paar Igel abgeholt, die vom Finder ausgewildert werden. Wir haben fleißig Igel ausgewildert, die einen neuen Lebensraum brauchten.

Nur wenige, die noch nicht auswilderungsfähig waren, bleiben noch bei uns.

Eine Ära geht zu Ende – über 40 Jahre Igelei.

Es begann langsam, es wurde gewaltig.

zuletzt hatten wir einen Jahreszugang von über 400 Tieren, zweitweise waren es bis zu 60 Tiere stationär., deren Zustand im Laufe der Jahre immer schlechter wurde, die immer häufiger mit bösen infizierten Verletzungen kamen, immer länger bleiben mussten.

Das hieß auch für uns, ständig erreichbar zu sein, alle Tage ohne Pause Tiere versorgen zu müssen, wie in der Landwirtschaft –erst das Vieh, dann der Mensch.

Das hieß auch keine Pause, keine freien Tage, Arbeiten oft mehr als 8 Stunden täglich in der Hochsaison. Keine Zeit mehr für den Haushalt, für Freundschaftspflege, für kulturelle Veranstaltungen, keinen ausgiebigen Urlaub mehr. Keine Pause für Körper und Geist. Häufig wurden wir noch beschimpft, wenn wir es wagten, mal unsere eigenen Interessen zu vertreten, mal nicht sofort anwesend waren und nach der Vorstellung der Finder zu parieren. Das hat oft mehr Kraft gekostet, als die Arbeit an den Tieren.

Ja im Laufe der Jahre hatte man die Vorstellung entwickelt, wir wären eine Institution, auf deren kostenlose Leistung man einen A N S P R U C H   hat, rund ums Jahr und rund um die Uhr.

Es waren nur wenige, die mal gefragt haben, ob sie helfen können und wer, dass alles finanziert.

Dabei war klar –die Leute wurden in unserem Privathaus empfangen, sie sahen die Käfige, sie sahen, dass man sich in der Hochsaison nicht mehr drehen konnte, kaum durch die Tür kam.

Aber selbst aktiv werden? Nein, das macht ja Arbeit. Oft habe ich gesagt. Ja, eine Kuh macht MU Viele Kühe machen Mühe nicht wahr?” Da haben sie auf stur geschaltet und es wohl nicht verstanden.  So blieb ich auf so vielen Tieren hängen.

Immer wieder hatte ich auch mal Helfer, die auch dann Igel aufnahmen, wenn sie mir keine gebracht haben. Genau die möchte ich nicht vergessen, Ohne diese Hilfe, die nie gefragt hat, was sie dafür bekommt, hätte ich nicht 40 Jahre durchgehalten, Da war die Zeitungsfrau, die mir immer Nachschub lieferte und Müllsäcke mitnahm u die Pflegestellen, die treu blieben.

Nein, es war nicht alles negativ, aber es ist komisch, genau das Negative ist häufig so präsent und so nachhaltig dazu.

Darüber sind wir alt geworden, müde geworden, der Körper zeigt, diese Bückerei über die Boxen will er nicht mehr. Die Kraft wird weniger, die Arbeit geht viel langsamer voran.

Da ist das Bauchgrimmen, wie es für die Tiere weitergeht, denn der Bedarf an qualifizierten Stationen ist groß, die Nachfolge nicht wirklich geregelt.

Zu viele Laien, wirkliche Laien, gutwillig, aber ohne nötige Qualifikation tummeln sich, es werden auch von denen immer weniger. Und die Igel, die gefunden werden müssen nicht nur gepäppelt werden, da ist viel viel mehr Sachkunde gefragt, Hinschauen, wahrnehmen, reagieren und zwar direkt, nicht zum Termin.

Tierärzte –meist froh, wenn sie einen Dummen im Angebot haben, auf den sie verweisen können –nur sich selbst keinen Floh einholen, selbst keinen Eiter riechen zu müssen. Hilflos wie Laien dem Elend der Igel gegenüber.

Aber auch hier gibt es Perlen im Ozean. Hätte ich nicht das Glück gehabt, solche Perlen zu finden, hätte ich vielen Igeln nicht helfen können.

Die Medien berichten gern über betuliche Igelmamas und versäumen ihre Pflicht, zu informieren mit einer Hartleibigkeit, dass man mit der Faust auf den Tisch schlagen möchte.

Immer weniger Igelfinder sind bereit sich sachkundig zu machen und ihre gesund gepflegten Igel selbst über den Winter zu bringen. Jetzt rufen sie an und wollen die Tiere für ihren Garten zurückhaben. Was inzwischen für Kosten angefallen sind und die Arbeitsleistung, danach fragt niemand.

Was bleibt von dem Enthusiasmus der Kinder, denen man die Igel in den Kindergärten und Schulen nähergebracht hat? Was bleibt von den Ausstellungen, Schulungen Info-Veranstaltungen hängen und wirkt nach?

Unter dem Strich muss ich erkennen: Ich habe mir in den vielen Jahren den Allerwertesten aufgerissen, mich aufgerieben und wofür?

Habe ich alles falsch gemacht?

immer mehr greifen Egoismus, Gleichgültigkeit, Ignoranz diesen und anderen Lebewesen und der Natur gegenüber um sich, Wenn ich diese Steingärten und Gabionen sehe überall, wird mir schlecht.  Nur möglichst wenig Arbeit muss es machen –Zeit muss man gewinnen um mit den Daddelgeräten möglichst überall und immer zu kommunizieren.

Für das Insektensterben wird jetzt ein Bohei gemacht in der Öffentlichkeit – von Vögeln ist die Rede, die ihre Jungen nicht mehr satt kriegen.

Wer spricht von den bodenlebenden Insektenfressern, die ihren Lebenskampf führen?

Wenn ich jetzt die Station schließe, dann nicht guten Gewissens, sondern wirklich mit Bauchgrimmen.   

Alles negativ? Was habe ich in den 40 und mehr Jahren bewirken können für die Igel? Nichts!

Für einzelne Tiere vielleicht eine Chance auf ein Leben in Freiheit –och so wenige waren das gar nicht, aber viel zu Wenige und in welches Leben habe ich sie entlassen? Konnten sie die Freiheit genießen und sich vermehren, Nahrung und Unterschlupf ausreichend finden? Wurden sie wieder verletzt, verhungerten sie?

Aber was konnte ich erreichen für die Art? Dabei habe ich jede Chance genutzt, zu informieren, wach zu rütteln, Hinweise zu geben.

Immer mehr Gleichgültigkeit gegenüber Tier-Natur, erfahre ich, immer mehr werden Lebensräume und Nahrungsgrundlagen vernichtet, die Gefährdungen für die Tiere nehmen zu.

Wofür habe ich so viele Jahre schwer gearbeitet? gekämpft? für einen Taler, der mir verliehen wird? für eine Auszeichnung, die ich bekam? für eine Uhr von der Gemeinde für ehrenamtliche Arbeit?  Nun, Anerkennung tut gut, aber was ist für die Igel dabei rausgekommen?

Nichts, gar nichts und das macht mich so traurig, zieht mich runter und lässt mich meine Erschöpfung erleben, die ich mir nie hätte vorstellen können.

Verdammt Ihr vielen Mitmenschen, werdet endlich wach, und vergesst nicht, Ihr seid ein winziger Teil eines großen Wunderwerkes und Ihr habt eine Verantwortung!

Letztendlich fällt Euer Verhalten auf Euch und Eure Nachkommen zurück!

Jedes Leben hat einen Wert an sich, zerstört es nicht mutwillig und gleichgültig. Missachtet es doch nicht so, Jeder Käfer, jede Raupe hat ihren Sinn im Kreislauf der Natur.

Ich scheide aus Ihr seid dran!

Karin Oehl

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19.04.2019 © Karin Oehl

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