Ein kleines, liebevolles Lächeln
Ein kleines liebevolles Lächeln
Vor langer Zeit in einem fernen Land, war von einem Tag auf den anderen nichts mehr so, wie es einmal war. Scheinbar wusste keiner der Bewohner, warum plötzlich alles anders war. Vor dem Tag X konnten sich alle Bewohner des Landes miteinander unterhalten, egal auf welche Art.
Und wie es nun mal in einem Land mit verschiedenen Bewohnern ist, führte jeder die Kommunikation auf seine Art und Weise. Da gab es die Friedfertigen, die Diskussionsfreudigen, die Kämpferischen, die Hitzköpfe, die Liebenden, die Spaßvögel, die Diplomaten und natürlich auch ein paar (unfreiwillige) Narren.
Die Regierung war sich ebenso uneinig, wie sie auch unfähig war und hatte das Land durch seine Reformen in immer tiefere Schwierigkeiten gebracht. Die Opposition nutzte die Lage nicht aus, um es besser zu machen. Sie stach einfach noch tiefer in die vorhandenen Wunden hinein.
Weil alle Menschen in ihre Diskussionen und Streitigkeiten vertieft waren und deshalb nur noch einen Tunnelblick hatten, merkte keiner, dass ein Zauberer durchs Land zog und alle Kinder, wie damals der Rattenfänger von Hameln, mit sich nahm. Und weil die Kinder die einzigen im ganzen Lande waren, die noch vorbehaltlos mit einander sprachen, verstummte das Land plötzlich auf einen Schlag. Jeder erneute Versuch einer Kommunikation schlug fehl, weil durch Zauberei jeder eine andere Sprache und auch eine andere Schrift hatte.
Nun wütete und brütete jeder einzelne Erwachsene vor sich hin und gab natürlich nur den anderen und vor allem dem Zauberer die Schuld an dieser Lage. Kein einziger kam auf die Idee, einmal in sich zu horchen und nachzudenken, was er denn selbst verändern könnte. Denn wie in vielen anderen Ländern, waren die Bewohner zwar offiziell für Änderungen offen, aber wenn es darum ging etwas dafür zu tun, dachte jeder bei sich „ich alleine kann doch sowieso nichts ändern, also lasse ich es lieber gleich bleiben“.
So ging das nun wochen- und monatelang weiter und weil niemand mehr miteinander kommunizieren konnte, fehlte bald allen die Lust überhaupt irgendetwas zu machen und jeder verzog sich in sein zuhause. Bald lag die ganze Wirtschaft brach und weil niemand mehr aus dem Haus ging, wurden im Land auch keine Lichter mehr angeschaltet und alle Städte wirkten Tag und Nacht wie Geisterstädte. Jeder Fremde, der sich zufällig, wenn nicht gar aus Versehen, in das Land verirrte, flüchtete sofort wieder. Was soll er auch in einem Land, wo niemand in der Lage ist miteinander zu kommunizieren?
Die Kinder, die vom Zauberer in ein anderes Land entführt wurden, vergaßen bald ihre Eltern und fühlten sich sehr wohl. Ja, alle fühlten sich wohl, bis auf Aschaila und Jomino. Sie waren Teenager, die sich in der Blüte ihrer ersten Liebe zueinander befanden und trotzdem die Geborgenheit, die sie früher in ihren Familien verspürten, vermissten. Sehr oft überlegten sie gemeinsam nach einer Lösung und wagten es schließlich, den Zauberer um Audienz zu bitten.
Der Zauberer war an und für sich ein gütiger, alter Mann. Ihm war die Entscheidung zu handeln nicht leicht gefallen. Aber dem Rat der Zauberer war keine andere Möglichkeit eingefallen, die Bewohner des Landes aufzurütteln. Schließlich war er einverstanden, dass Aschaila und Jomino in das Land zurückkehren und versuchten, die Erwachsenen aufzurütteln. Er belegte beide mit dem Zauber des liebevollen Lächelns und schickte sie los.
Als Aschaila und Jomino schließlich ankamen, waren sie furchtbar erschrocken, über den wüsten Zustand des Landes. Erschüttert schauten sie sich an. Bevor jedoch vollkommene Verzweiflung aufkommen konnte, wirkte der Zauber und sofort wurde den beiden warm ums Herz. Zuerst machten sie sich daran, ihre beiden Familien aufzusuchen und alle an einen Tisch zu setzen. Dann begannen sie zu sprechen. Sie sprachen von Güte, von Verständnis, von Toleranz und von Hoffnung. Und während sie sprachen, schwebte der Zauber des liebevollen Lächelns um sie und plötzlich begannen die Erwachsenen zu verstehen und reichten einander die Hände. Nun waren sie schon eine Gruppe und zogen gemeinsam durch das Land, um es wieder lebenswert zu machen.
Und all das funktionierte nur mit einem kleinen, liebevollen Lächeln?
Ja, denn in diesem kleinen, liebevollen Lächeln steckten Verständnis, Respekt und Toleranz.