Gabriele Geng
Ich bin freundlich, aber nicht zu jeden,
mich sollte man mal Live erleben,
bin aber auch sehr hilfsbereit,
nehme mir für andere Zeit,
bin nicht verwöhnt,
dafür gutmütig,
aber nicht blöd.
Sage die Wahrheit gern ins Gesicht,
ob es einem passt oder nicht,
schreibe gerne ein Gedicht,
liebe Sonne und Licht,
durch Parkinson lahm,
aber spontan.
verheiratet, eine Tochter
Beruf: Friseuse aus Leidenschaft
Zu meiner Person: 158 cm ... Blond mit Grau. ..
Spontan... Ideenreich... Stricke... Bastel... lese gerne Bücher... Lieblingsautor: Sebastian Fitzek...
Wie weit…
Wie weit kann ein Mensch sich zurückerinnern?
Ich glaube, das hat sich schon so mancher gefragt. Und viele dachten auch schon einmal daran, ihr Leben zu dokumentieren, aber nur wenige haben das wirklich umgesetzt. Ich aber werde heute damit beginnen, denn ich gehöre nicht zu den Menschen, die immer sagen: Das mache ich Mal… Ich mache es einfach.
Vieles weiß ich von Mutti Erzählungen.
Und das konnte sie sehr gut, ich habe ihr gerne zugehört, selbst wenn sie der Meinung war, das hätte sie mir schon mal berichtet, wollte ich es dennoch hören.
Also:
Mein Leben begann, am 13. Juni.1953 da kam ich als zweite Tochter meiner Eltern in der DDR in Halle/ an der Saale zur Welt. Aufgewachsen bin ich aber im „Goldenen Westen“ so nannte man es damals. Meine Eltern spielten schon länger mit den Gedanken, die „Deutsche Demokratische Republik“ zu verlassen, verständlicher gesagt: Abzuhauen! (Ich war damals 3 oder 4 Jahre alt)
Ich war schon immer anfällig für Krankheiten, egal welcher Art auch immer, im Gegensatz zu meiner vier Jahre älteren Schwester. Sie brachte so mache Krankheit mit nach Hause, und ich bekam jeden Mist ab, und wenn es nur um eine Erkältung ging.
Als Säugling hatte ich eine seltene Hauterkrankung, kein Arzt konnte mir helfen, nur alle waren der Meinung, so schnell wie das Hautproblem gekommen war, so schnell würde es auch wieder vergehen. Und die Ärzte hatten recht.
Ich war gerade mal 2 Jahre, als ich an Diphtherie erkrankte. Und da diese Krankheit ansteckend war, kam ich in ein Krankenhaus. Doch da wurde ich regelrecht ans Bett festgeschnallt, weil ich starke Fieberkrämpfe hatte. Mutti fand diese Maßnahme sehr übertrieben, und brachte mich in ein anderes Krankenhaus.
Sie war damals der Meinung: „Wenn wir dich da nicht rausgeholt hätten, wärst du drauf gegangen“. Vielleicht war das der Auslöser, die DDR damals zu verlassen, was auch immer der Grund war, es wird immer ein Geheimnis bleiben.
Natürlich redeten meine Eltern darüber was sie vorhatten, und da bekanntlich Kinderohren überall sind, erzählte ich im Kindergarten: Ich fahre bald in den „Westen“. Wer die DDR kannte, wusste wie gefährlich schon allein das Reden darüber war, man saß schneller im Gefängnis als man dachte. Meine Kindergärtnerin machte meine Eltern darauf aufmerksam wie riskant, meine Behauptung war, und ob es nun stimmte, oder nicht, man weiß ja nie, aber Kinder sagen ja bekanntlich oft die Wahrheit.
Aus diesem Grund, verließen meine Eltern, damals früher als geplant, oder besser gesagt, bei Nacht und Nebel, mit mir, und meiner Schwester, sowie zwei Koffern den „Bauern und Arbeit“ Staat.
Wäre Ihre Flucht damals aufgeflogen, wären unsere Eltern wegen Landesverrat, oder wie der ganze Kram auch damals hieß, ins Gefängnis gekommen, meine Schwester und ich wären in ein Heim gelandet.
Punkt! Damals hatte ich keine Ahnung, was Sie da durchgemacht haben, als Kind empfindet man das alles nicht so schlimm, doch, wenn man älter wird, sieht man das mit ganz anderen Augen.
Ich bin Ihnen heute noch sehr dankbar, dass Sie es durchgezogen haben, es gehörte sehr viel Mut dazu, einfach die Tür für immer hinter sich zu ziehen, um in einer fremden Stadt ein neues Leben anzufangen.
Mit der Erkenntnis keinen Menschen dort zu kennen, und das obwohl ihnen damals nicht bewusst war, ob ihnen die Flucht aus der DDR überhaupt gelang.
Man nannte uns Flüchtlinge, und wir kamen nach Unna in ein „Auffanglager“. Ich sehe heute noch diesen riesigen Raum, mit den vielen Stockbetten, und auch an der langen Tischtafel kann ich mich gut erinnern, wo wir mit mehreren fremden Leuten zusammen zu Mittag aßen.
Ein Jahr später wurde uns dann eine Neubauwohnung in Bochum zugesagt. Wir waren alle glücklich darüber… Endlich! Endlich sollten wir sesshaft werden, und wir zogen in einem Vorort nach Bochum in eine dreieinhalb Zimmer Wohnung. Da ich es gewohnt war, mit mehreren Menschen in einem Raum zu leben und zu schlafen, fragte ich meine Mutter wie viel Personen denn hier mit uns wohnten, meinte Sie „Nur wir“.
Endlich hatte ich ein Bett für mich alleine, denn im Lager musste ich mir mit meiner Schwester ein Bett teilen.
In diesem Jahr lernte ich auch Petra kennen, sie zog mit ihren Eltern, und ihren zwei Brüdern eine Etage höher in dem gleichen Haus wo auch wir wohnten.
Es sollte eine Freundschaft für immer werden, wir zwei erlebten damals als Kinder, und noch heute, schöne, und unvergessene Dinge. Aber davon erzähle ich später.
Sommer 1963
Trotzdem wir nie viel hatten, schickte Mutti Ihrer Schwester Hilde, die mit ihrem Mann und ihren Kindern noch in der DDR lebte, ab und zu Päckchen mit Lebensmittel. Ich weiß noch, dass sie Kaffee, Schokolade, und Feinstrümpfe (und nicht zu vergessen: Kaugummi kugeln) immer doppelt kaufte, wo sie zu Hause die Sachen dann aufteilte.Ich war vielleicht 9 oder 10 Jahre, als ich das erste Mal mit meinen Eltern, und meiner Schwester in die DDR fuhr, wo ich meine Tante, ihren Mann, ihre Kinder und auch meine Oma kennenlernte. Ihre Umarmung war mir sehr unangenehm, denn für mich war Sie eine fremde Frau. Ich weiß auch noch, wie nervös Vati war, was den Beamten an der Grenze natürlich sofort auffiel, worauf man uns, oder besser gesagt unser Auto genauer untersuchte. Außerdem musste ich meine Zeitschrift „Bravo“ in einer großen Plastiktonne entsorgen, was ich zu Beginn überhaupt nicht verstand, erst später. Solche Lektüre gab es in der DDR nicht! Es war verboten, dass sollte einer mal verstehen.Was mir als Kind damals besonders auffiel waren die verschmutzten Straßen und Bürgersteige, irgendwie sah dort alles so dreckig aus. Gott sei Dank blieben wir nur ein paar Tage dort, und ich war froh wieder zu Hause zu sein. In diesem Jahr wurde mir der Blinddarm entfernt, ich kann mich noch gut an die lustige Zeit erinnern, denn irgendwer erzählte immer einen Witz!Meine Freundin Petra lernte ich im Sandkasten (besser gesagt Sand von der Baustelle) kennen, wir gingen zu der Zeit noch nicht zur Schule, ich war 5 und Petra war gerade mal 4 Jahre. Wenn ich heute zurückdenke, muss ich gestehen, es war einer meiner schönsten Erinnerungen. Was wir nicht alles erlebt haben… sollte ich das Ganze auf Papier bringen… das könnte länger dauern. Die Schule hatte ich mit Ach und Krach hinter mir gebracht, war nie die beste, aber zu den Letzten zählte ich auch nicht.
1968…
Mit 15 begann ich dann eine Lehre als Friseuse, auch wenn damals und auch heute noch dieser Beruf nicht die besten Voraussetzungen hatte. (Ich denke da an Verdienstmöglichkeiten) heute macht mir dieser Beruf viel Spaß, was am Ende meiner Lehrzeit nicht immer der Fall war, und ich auch schon mit den Gedanken, alles hinzuschmeißen spielte.Da wo ich gelernt hatte, wollte ich auf Biegen und Brechen nicht bleiben, denn im Grunde hatte ich so gut wie nichts gelernt, ich durfte das Kindermädchen spielen.Zu der Zeit war ich auch der Meinung, tanzen gehen zu dürfen, denn wer arbeitet, kann auch in eine Disco gehen, Vati war nicht ganz überzeugt davon, aber Mutti sah das gelassener, zudem besuchte meine 4 Jahre ältere Schwester dieses Tanzlokal mit dem Namen Lucky. Ach…wie ich diese Glitzerwelt liebte…
Sommer 1970…
Ich war zum ersten Mal verliebt, die Schmetterlinge im Bauch werde ich nie vergessen, sowie auch meine erste Liebe. Mutti wollte damals immer alle Freunde sowie Freundinnen von mir kennen lernen. Meistes war Sie mit allen zufrieden, nur mit Winfried hatte Sie ein Problem. Sie war der Meinung, dass mit uns beiden hätte wohl keine Zukunft, denn er hielt von Arbeiten nicht viel, ständig hatte er einen Krankenschein. Im Stillen gab ich ihr recht, und trennte mich nach fast 2 Jahren von ihm.Mein Gott…tat das weh, wer einmal Liebeskummer erlebt hat wird mich verstehen! Aber auch dieser Schmerz ging einmal vorbei. Im März lernte ich Arik kennen…er kam aus Argentinien, und sprach so gut wie kein Deutsch. Aber wozu braucht man die Deutsche Sprache, wenn man sich auch ohne Worte versteht? Er war der erste „Mann“ in meinem Leben, bereut hatte ich es kein einziges Mal. Doch auch diese Liebe dauerte nicht ewig, und ging nach kurzer Zeit in die Brüche, er bekam Heimweh, wurde regelrecht krank, und aus diesem Grund war er sehr schnell in sein Heimatland zurückgeflogen. Wir schrieben uns eine Zeitlang Briefe, selbst als ich meinem Mann schon kannte.
Sommer 1974
Ja, mein Mann…
Auch heute noch kann ich sagen…Ihn gibt es nur einmal auf dieser Welt, und ich werde ihn auch nie wieder loslassen, erst Recht nicht nach so langer Zeit. (46Jahre Ehe). Wir heirateten 3 Jahre später mit allen PI PA PO, es war eine unvergessliche schöne Hochzeit. Als wir uns kennenlernten, war er noch als Schreiner in seinen Beruf tätig, doch das sollte sich bald ändern, denn er hatte sich bei der Berufsfeuerwehr in Dortmund beworben. Das bedeutete weniger Geld in der Ausbildung, ich war zu der Zeit gerade schwanger, und ging nicht arbeiten, denn durch das lange stehen, hatte ich oft Vorwehen.
Im Herbst 1979 kam dann unsere einzige Tochter zur Welt, wir gaben ihr den Namen Marina. Mutti war oft krank, ihre Nieren arbeiteten nicht mehr so wie es sein sollte, und es dauerte nicht lange, und sie wurde an einer Dialyse angeschlossen, und das 2mal in der Woche für mehrere Stunden.
Sie war immer der Meinung: Du bist wie ich, du kommst ganz nach mir, du schaffst das… (wie recht Sie doch hatte). Doch da wusste ich noch nicht, was mir noch alles bevorstand. Mutti wurde nicht alt, sie starb schon mit 58 Jahren, ich glaube Sie starb am gebrochenen Herzen, denn nur ein Jahr zuvor hatte mein Vater sie wegen einer anderen Frau verlassen. Zu der Zeit war ich gerade mal 37 Jahre. Er hat sich nie mehr bei Mutti gemeldet, dass tat mir sehr weh, denn ich wusste Sie liebte meinen Vater bis zuletzt!
Mein Mann unsere Tochter und ich wohnten damals bei den Schwiegereltern unter einem Dach…Alt und Jung gehören nicht zusammen!!! Den Spruch kennt ja wohl jeder, und da ist was Wahres dran. Mein Mann hielt zwar immer zu mir, egal um was es ging, nur auf die Dauer hält, dass niemand lange aus. Da spielten wir das erste Mal mit dem Gedanken, auszuziehen! Doch es sollte anders kommen.
Es war an einen Montag, Erwin, ein Arbeitskollege von meinem Mann tapezierte gerade das Zimmer unserer Tochter Marina, als der Anruf aus der Schule kam. Die Lehrerin unsere Tochter war am Apparat, und Sie meinte, ich sollte Marina doch bitte abholen, Sie würde fürchterlich weinen, und Sie ließ sich nicht beruhigen. Was wir dann auch kurz darauf taten. Wir ahnten da noch nicht, dass eine Tränenreiche Zeit auf uns zu kam.
Herbst 1990
In den kommenden Wochen kam es dann öfters vor, dass ich, oder mein Mann, wer gerade zu Hause war, unsere Tochter aus der Schule abholten mussten. Heute wissen wir, dass es „Mobbing“ war, nur wusste zu der Zeit niemand was es bedeutete. Zu Beginn fuhren wir (abwechselnd) sie zur Schule, es gab jeden Morgen fürchterliche Tränen. Die Schule wollte sie auf keinen Fall wechseln. Sie begann sich einzuigeln, ging nicht mehr nach draußen spielen, traf sich nicht mehr mit Freunden, und ging nicht von meiner Seite. Zu der Zeit ging sie schon ein halbes Jahr nicht mehr zur Schule.
Mein Mann und ich waren uns einig, so ging es nicht mehr weiter, also suchten wir Hilfe bei einer geschulten Psychotherapeutin. Ein halbes Jahr verging, und nichts geschah, es gab sogar Tage, da brauchte ich eine Sitzung, denn ich war mittlerweile mit meinen Nerven am Ende. Habe den Fehler bei mir gesucht, und habe mich oft gefragt, was hast du falsch gemacht!!! Die ganze Situation fand ich besonders schlimm, weil mein Mann fürchterlich darunter gelitten hat, er weinte zu der Zeit sehr viel.
Damals begann ich auch ein Tagebuch zu schreiben, um das ganze irgendwie selber zu verarbeiten. Und siehe da, es half mir dabei sehr.
Man empfahl uns, unsere Tochter in eine Klinik, für eine ungewisse Zeit einzuweisen!!! So schwer uns es auch fiel, sagten mein Mann und ich den Ärzten zu. Man was war mir schlecht!!! Und meinem Mann erging es nicht anders.
Sommer 1991
Es kam der Tag, wo wir Marina in die Kinder und Jugendpsychiatrie abgaben…schrecklich, ich werde nie vergessen, wie ich die Treppen runterrannte, blind vor Tränen…weg von meiner Tochter…überall waren die Türen verschlossen…es war der reinste Alptraum. Ich hörte Sie noch lange hinter mir Mama rufen. Wir durften unsere Tochter 14 Tage nicht sehen und auch nicht telefonieren…das tat sehr weh! Als wir sie dann nach 2 Wochen besuchten, ging es uns beiden richtig schlecht, denn unser Kind hatte sich die Fingernägel blutig runter gebissen…schrecklich. (mein Mann trug eine Sonnenbrille wegen seiner verheulten Augen) Der Abschied war katastrophal, sie wollte natürlich mit uns nach Hause fahren, was natürlich nicht möglich war. (sie war 12 Jahre) Aber irgendwie brachten wir diese grauenhaften 14 Wochen hinter uns.
Damals ist unsere Tochter mit einem Schlag Erwachen geworden, ich
Erkannte sie kaum wieder, sie wusste, was sie wollte, kurz gesagt, sie war sehr selbstbewusst geworden. Ich muss dazu sagen, ich war nie eine übertriebene ängstliche Mama, eher das Gegenteil.
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Warum???
Heute noch schmerzt es sehr,
ist es auch schon viele Jahre her.
Niemals vergesse ich ihren Blick,
ich lauf davon, lasse mein Kind zurück.
Ich höre sie hinter mir schreien,
kann sie mir jemals wieder verzeihen?
Bis zum Hals schlägt mein Herz,
mit einem unbeschreiblichen Schmerz.
Überall verschlossene Türen,
keine Wege die mich ins Freie führen.
Ich renne runter die Stufen,
und höre sie immer noch rufen.
Auf einmal geht es mir richtig schlecht,
bin ich im Traum oder ist das echt?
Meine Gedanken überschlagen sich,
ich will das nicht, ich will das nicht.
Und doch lies ich sie allein,
ich höre sie heute noch hinter mir schreien.
Frühjahr 1994
Wieder ein Jahr, was ich nie vergessen werde…
Für eine Routine Untersuchung, (verdacht auf Endometriose) ging ich für ein paar Tage, (März) ins Krankenhaus, und jeder weiß, dass man vor einem Eingriff durchgescheckt wird. Dabei wurde bei mir ein Schatten auf der Lunge entdeckt. ich machte mir darüber gar nicht so viel Gedanken, wird eh nichts sein. Dafür hatte ich Pech oder doch mehr Glück, denn bei dem Routine-Eingriff, versagte mein Kreislauf!
Anstatt in meinem Zimmer wieder wach zu werden, lag ich auf der Aufwachstation, und mein Mann sagte zu mir: „Was machst du denn für Sachen“ Die Ärzte meinten ich hätte einen Kreislaufzusammenbruch, und das wäre sehr gefährlich, und wenn ich noch einmal eine Narkose bekommen würde, sollte ich die Ärzte darauf hinweisen, dass mein Kreislauf nicht der beste ist! Der Befund lautete: Keine Endometriose.
Die Schmerzen, die ich bei meiner Periode hatte, waren eine andere Ursache, und ich sollte mich mehr um den Schatten auf meiner Lunge kümmern, es wäre wichtig.
Den ersten Lungenarzt, den ich aufsuchte, sagte knallhart zu mir: „Könnte Krebs sein, aber man kann ja auch mit einem Flügel leben“. Ich dachte …hier bin ich verkehrt, der meint nicht mich! Zur Sicherheit suchte ich mir eine Zweitmeinung, aber auch dieser Arzt war der Meinung: Sie sitzen auf einer Bombe! Im Mai brachte mich mein Mann dann ins Krankenhaus, Krankenhaus ist nicht das richtige Wort dafür, es war eine Lungenklinik, mitten im Wald.
Wochen zuvor hatte ich alles ausgeschaltet… Gehirn, Kopf, Gedanken.
Sagte selber zu mir:“ Du hast kein Krebs, du bist hier verkehrt. Mein Mann war gerade gefahren, da brach es aus mir heraus, ich heulte so sehr wie schon lange nicht mehr. (waren es Stunden?) Von der OP bekam ich so gut wie nichts mit (war auch gut so) Den ersten Anblick im Spiegel werde ich niemals vergessen. Zu der Zeit, (ist immerhin schon 30Jahre her) gab es das Schlüssellochverfahren leider noch nicht. Schon damals kam ich mir vor wie Dornröschen, die aus einem tiefen Schlaf geweckt wurde.
Ich lebte, durfte weiterleben! Es war gerade Frühling und auch die Natur begann zu leben. Jeder Mensch sollte einmal im Leben dieses unbeschreibliche Gefühl erleben, danach sieht man die Welt mit anderen Augen!
Meine Entlassung erfolgte schon nach kurzer Zeit, viel zu kurzer Zeit, denn ich war gerade mal ein paar Tage zu Hause, als ich eines Morgens keine Luft mehr bekam. Unsere Tochter bekam das natürlich mit, und rief ihren Papa an, der zufälligerweise gerade an dem Tag Dienst hatte, und wurde dann mit dem Rettungswagen ins nächste Krankenhaus gebracht.
Dort durfte ich dann 4 Tage auf der Intensivstation verweilen, es war fürchterlich, nicht aufstehen, auch nicht zur Toilette, Haare waschen ging auch nicht…es war langweilig!
Ich wurde genau an meinen 41 Geburtstag entlassen, sozusagen mein Geburtstagsgeschenk, dieser Meinung waren die Ärzte. Es dauerte noch ein ganzes Jahr, bis es mir wieder einigermaßen besserging, und ich auch wieder arbeiten durfte.
Frühjahr und Herbst 2003
Es war das aufregendste und ereignisreichste Jahr was ich und mein Mann je erlebten. Denn in diesem Jahr feierte ich meinem 50 Geburtstag, und davor wollten wir zwei unbedingt in die Karibik fliegen, nur nicht allein, denn dieses Paradies lag ja nicht gleich um die Ecke. Aus zwei wurden 8 Personen, was auch gut so war, den die Dom Rep war für mich das Ende der Welt. (Was natürlich nicht stimmte) Es wurde ein Traumhafter unvergessener Urlaub.
In den ersten Jahren waren wir eingefleischte Italienurlauber, wir waren begeistert von diesem Land, später waren wir der gleichen Meinung von Spanien, da wo man sich gerade wohlfühlt ist es überall schön. Auch mein 50 Geburtstag war einfach, Super stark Super Klasse. Wer nicht eingeladen war, hatte was verpasst….
In diesem Jahr zog auch unsere einzige Tochter aus dem Haus, sie und ihr Freund hatten sich beide nach einer gemeinsamen Wohnung umgesehen, und sind ganz in der Nähe von uns fündig geworden. In der Wohnung musste noch einiges getan werden, und da mein Mann ein sehr guter Handwerker war, und noch ist, war ja klar, dass er oft mithalf. Nur war das ganze wohl leider zu viel, denn eines Tages meinte mein Mann er würde mich doppelt sehen!
Das hörte sich meiner Ansicht nicht so toll an, also ab zum Augenarzt, und dieser überwies ihn sofort in ein Krankenhaus, meine Nerven lagen blank, aber es wird schon nichts sein, redete ich mir wieder ein. Am nächsten Tag musste ich arbeiten, war aber nicht lange da, ein Anruf aus der Klinik, hat das ganze schnell erledigt. Man sprach von einem Tumor hinter den Augen!!! 2 Stunden später waren meine Tochter und ich im Krankenhaus, und bekamen beide einen Schreck, als wir ihn sahen.
Seine Augen hatten sich total verdreht, kurz gesagt: Er schielte, dieses Phänomen hatte in ganz Deutschland nur wenige Patienten, und niemand hatte eine Erklärung dafür, man sagte uns nur so wie es gekommen ist, so würde es auch wieder verschwinden. Und die Ärzte sollten Recht behalten, mit einer Spezial Brille (aus der Raumfahrt und die Gläser bestanden aus Prisma) so genau weiß ich das auch nicht mehr. Das Ganze dauerte noch ein halbes Jahr, aber das war uns egal, Hauptsache gesund.
2008…
Im diesen Jahr kam mein Mann ins Krankenhaus, wegen seines Herzens, die Untersuchung ergab: Eine defekte Herzklappe, die schnell operiert werden musste. Ich war fix und fertig. Doch bei der Entlassung stellte sich heraus, weil er keine sonderlichen Schmerzen, (beim Luft holen) hatte, warum sollte man dann die OP machen? Das dies nicht immer so blieb, ahnten wir zu der Zeit noch nicht.
2010…
In diesem Jahr bekam ich das erste Mal Probleme mit meiner Motorik,
und auch mit meiner Schnelligkeit hatte ich Schwierigkeiten, egal was ich auch machte, alles geschah im Zeitlupen Tempo. Mein Mann fragte mich dann öfters: Geht das auch schneller? Ich versuchte es ja, aber es gelang mir überhaupt nicht, auch meine Arbeitskollegen fiel meine langsame Tätigkeit auf, als ich die Haare in Zeitlupe wegfegte. Ich war der Meinung es liegt bei mir am Alter, also hatte ich das Bedürfnis, mit der Arbeit aufzuhören, was ich dann auch tat, zumal ich auch bald Oma werden würde, denn unsere Tochter war schwanger.
2011…
Mit Petra, meiner langjährigen Freundin, und mit zwei weiteren Bekannten fuhr ich 1 Woche nach Norddeich, es war das erste Mal, dass ich ohne meinen Mann wegfuhr. In diesem Jahr hatte ich nicht nur Schwierigkeiten mit der Motorik, auch mit dem Laufen, und auch so im Allgemeinen fühlte ich mich unwohl. Also suchte ich nach dem Grund, und rannte vom Arzt zu Arzt, doch alles war OK, niemand fand eine Lösung. Bis ich (das Jahr war fast vorbei) zu einem Neurologen ging, der lies mich ein paar Schritte gehen, und war der Meinung; Sie haben mit aller Wahrscheinlichkeit „Parkinson“. Für mich und meinem Mann (Er war bei der Untersuchung Dabei) ein Schock!
2014…
Das Laufen fiel mir in diesem Jahr schwer, und ich ging zu einer Gefäßchirurgie, wo ich auch richtig war, denn ich hatte Durchblutungsstörungen in den Beinen. Eine OP ließ sich nicht vermeiden, das kann nicht sein, dachte nicht nur ich auch mein Mann.
Im Krankenhaus stellte man dann fest, das Ganze war Gott sei Dank nicht so schlimm, ich hatte irgendwo eine kleine Verengung, die man mit einem Stent beheben konnte. Soviel zu unseren Ärzten!!!
2016…
Schon wieder im Krankenhaus, dies Mal hatte ich einen Bandscheibenvorfall, und ich bekam ferngesteuerte Spritzen in den Rücken, anschließend musste ich 24 Stunden still auf dem Rücken liegen….Grauenvoll. Nach einer Woche durfte ich wieder nach Hause, da die Spritzen weiter ambulant fortgeführt werden konnten.
2018…
Unfassbar! Petra ist Tod, Sie starb am 31.01.2018 an Speiseröhrenkrebs. Es ging so rasend schnell. Anfang Januar brachten wir sie ins Krankenhaus, wo sie dann auch am 31.01.2018 starb. Ich muss dazu noch sagen: Sie war weder verheiratet, noch hatte sie Kinder, ihre Eltern waren auch schon Tod, sie hatte nur noch einen Bruder, und der lebte in Hamburg. Das Gedicht hatte ich für Sie geschrieben.
*geb. 10.11.1954 † 31.01.2018
Abschied für immer….
Es ist ein unbegreiflicher Schmerz,
wie Blei so schwer ist mein Herz,
denke ich an dich tut es so weh,
weil ich dich nie wiedersehe.
Nie wieder zusammen Lachen,
und verrückte Sachen machen,
nie wieder sich in die Arme nehmen,
und sich zum Abschied ein Küsschen geben.
Du hast mich viel zu früh verlassen,
ich kann das Geschehene noch nicht fassen,
es tut mir so unendlich leid,
und zum Begreifen brauche ich noch viel Zeit.
In Liebe deine Freundin…
Wertvolle Gedanken
Unser Leben kostet manchmal Überwindungen...denn unser Leben ist nicht immer ein gemütlicher Spaziergang, sondern gleicht eher einem Hindernislauf. Bei unserem Lebenslauf kommt es nicht darauf an, als erster ins Ziel zu kommen, und andere hinter sich zu lassen. Ausdauer, Geduld und ein langer Atem sind wichtiger als Geschwindigkeit. Der eigene Rhythmus ist daher entscheidend, nicht das Tempo, das andere vorgeben. In einer sich schnell wandelnden Welt wird das manchmal vergessen. Man sollte dem Leben nur die angemessene Schnelligkeit zumuten, womit wir auch Schritt halten können. Aber das ist leichter gesagt als getan, denn es gibt Zeiten, da ist der Weg nicht immer glatt und eben, da gibt es auch hin und wieder mal Steigerrungen, und wir kommen schnell aus der Puste. Aber das ist nicht so schlimm, wie stehen bleiben, denn kein Fortkommen mehr bedeutet... Stillstand! Und das ist kein gutes Zeichen! Also lass uns, wenn es schon kein gemütlicher Spaziergang ist, die Hindernisse, die wir auf unserem Weg begegnen, im normalen, oder langsamen Schritttempo überwinden.
Gabriele Geng
Diagnose Parkinson
Es war ein Tag wie jeder andere, als ich mit meinem Mann die Praxis eines Neurologen betrat, doch dieser Mittwoch sollte nicht nur mein Leben, sondern auch das meines Mannes total verändern. Schon seit längerer Zeit suchte ich nach der Ursache meines Befindens, denn irgendetwas stimmte nicht mit mir. Ich fühlte mich unwohl, war langsam wie eine Schnecke geworden, hatte Schwierigkeiten mit meiner Motorik und wurde wegen meiner komischen „Gangart“ des Öfteren auch schon angesprochen.
Also rannte ich von Arzt zu Arzt, doch alle Untersuchungen ergaben immer das gleiche Ergebnis: „Ihnen fehlt nichts.“ Bis zu dem besagten Mittwoch, kurz vor Weihnachten 2011. Schon nach nur zwei kurzen Untersuchungen war er der Meinung:
„Sie haben mit aller Wahrscheinlichkeit PARKINSON.“ PENG. Das saß, es war wie ein Schlag ins Gesicht!!! In der nachfolgenden Zeit war das Wort: „Parkinson“ täglich präsent, ich ging mit den Gedanken schlafen und stand mit den gleichen Gedanken morgens auf. Um das Ganze zu verarbeiten, begann ich Gedichte unter den Namen „Vergissmeinnicht“ zu schreiben. Und ich muss gestehen, es machte mir Spaß, es tat mir gut. Seit dieser Zeit habe ich mehr als 300 Gedichte verfasst, zu Beginn schrieb ich über die unheilbare Krankheit „Parkinson“, später gefiel es mir auch, über andere Themen zu schreiben und ich bin bis heute immer noch ein positives schreibendes „Vergissmeinnicht“.
In den ersten 6/7 Jahren, ging es mir relativ gut, denn ich hatte so gut wie keine Einschränkungen. Aber in den darauffolgenden Jahren zeigte sich die Krankheit mit all ihren Facetten, Schlafstörungen, starke Überbewegungen, und auch Stürze gehörten dazu. Medikamente wurden nach und nach erhöht, aber eine Verbesserung trat nicht ein. Im Mai 2021 machte ich eine Komplextherapie mit, die mir auch keine Linderung brachte. Zu der Zeit machte ich mir zum ersten Mal Gedanken über eine THS. Denn ich verließ kaum noch das Haus, war unsicher und hatte Angst vor Stürzen. Ich war einfach nur fertig, durch meine starken Überbewegungen hatte ich mittlerweile 9 Kilo abgenommen. THS ist die Abkürzung von Tiefenhirnstimmulation. Erkläre ich beim nächsten Mal genauer.
© Gabriele Geng
Ich freue mich, dass Gabriele meine Einladung zu unserem Autorenteam angenommen hat. Ganz nach dem Motto „am Anfang war das Wort“, gibt es auch im Bereich der Krankheiten eine Menge zu erzählen. Herausragend finde ich, mit welcher Kreativität Gabriele mit ihrem Schicksal umgeht und wunderbare kreative Texte entstehen lässt. Ihre Texte machen betroffenen Mut und zeigen uns auf, das es immer Wege gibt, mit dem Schicksal umzugehen. J/L